Karl Marx erobert die Bühne

Der 125. Todestag von Karl Marx liegt schon etwas länger zurück, aber dank Tufa, Theater und dem Rheinland-Pfälzischen Kultursommer gibt es in Trier nun doch noch eine spannende künstlerische Auseinandersetzung mit dem großen Sohn der Stadt. Sie bringt gleichzeitig eine Begegnung mit der innovativsten Theaterwerkstatt Deutschlands.

 „Das Kapital“ als „dramatischer Text“: So sieht es die Produktion des Rimini-Protokolls. Szenen-Foto: Tuchfabrik

„Das Kapital“ als „dramatischer Text“: So sieht es die Produktion des Rimini-Protokolls. Szenen-Foto: Tuchfabrik

Trier. Als "Theater des 21. Jahrhunderts" wird die im Jahr 2002 von drei Schweizer Künstlern gegründete Gruppe "Rimini Protokoll" häufig apostrophiert. Fast 30 Produktionen haben sie seither herausgebracht, meist mit Laiendarstellern, die Rollen übernehmen, die mit ihrer eigenen Biografie zu tun haben.

Oft sind es eigens geschriebene Stücke, manchmal auch Klassiker wie "Wallenstein" oder "Der Besuch der alten Dame", die die Grundlage für die Aufführungen liefern. "Rimini Protokoll" hat aber auch schon eine komplette Bundestagsdebatte ("Deutschland 2") oder eine Gerichtsverhandlung ("Ortstermin") in Theater umgesetzt.

Die Experimentierfreude der Truppe brachte reihenweise Schauspiel-Preise, Einladungen an große Häuser in Frankfurt, Hamburg, Zürich, Weimar, Mannheim, Düsseldorf - und schließlich den Ritterschlag mit der Einladung zu den Berliner Theatertreffen 2004 und 2006. Bei der Kritik gilt "Rimini Protokoll" als Repräsentanten einer "neuen Authentizität" und einer Art von "Reality Theater".

2006 nahm man sich den ersten Band des "Kapitals" von Karl Marx vor - eines jener Bücher, die "jeder kennt und keiner gelesen hat", wie es auf der Homepage www.rimini-protokoll.de heißt. Die Macher des Stücks betrachten den Mammut-Wälzer als "dramatischen Text, dessen sieben Siegel nur von acht Menschen geöffnet werden können, die mit, in und für dieses Werk gelebt haben". So treten auf der Bühne unter anderem ein Unternehmensberater, ein Call-Center-Agent, eine Übersetzerin und ein Revolutionär auf, die den Marx-Text aus verschiedenen Perspektiven betrachten.

"Das Kapital, 1. Band" wurde an etlichen großen Häusern in Deutschland aufgeführt und sorgte zuletzt beim Saarbrücker "Perspectives"-Festival für Furore. Dass die Produktion nach Trier kommt, liegt daran, dass sie ideal zum Thema "Arbeitswelten - Lebenswelten" des Rheinland-pfälzischen Kultursommers passt. Die Tufa, die das Kultursommer-Programm in Trier organisiert, hat sich mit dem Theater zusammengetan, um das Gastspiel am 6. September im Großen Haus des Theaters zu ermöglichen.

"Das Kapital" ist der Höhepunkt einer größeren Veranstaltungsreihe der Tufa zum Kultursommer. Eine Open-Air-Filmreihe zum Thema "Arbeitsplätze" (der TV berichtete) gehört ebenso dazu wie ein Vortrag mit Diskussion zum Thema "Kulturwirtschaft" (20. August), eine Tufa-eigene Revue "Leben berührt Arbeit" (28. August), ein Vortrag von Götz Werner, Gründer der DM-Drogeriemärkte und Befürworter eines allgemeinen Grundeinkommens (8. September) und eine Fotoausstellung über Arbeitsplätze (26. September bis 19. Oktober). Info: www.tufa-trier.de

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