Kein Säulenheiliger

Trier . Mit einer Hommage an seinen Namenspatron zeigte der Friedrich Spee Chor in der Trierer Pfarrkirche Heiligkreuz, dass der Jesuitenpater heute noch eine hochaktuelle Bedeutung hat. Gleichzeitig setzte die Uraufführung der Komposition von Martin Folz einen Glanzpunkt zum 40-jährigen Bestehen des Chores.

Einen Glanzpunkt im Festjahr des Friedrich Spee Chores bildete die Uraufführung des geistlichen Chortheaters "Der Prophet" aus der musikalischen Feder des Chorleiters Martin Folz. In seinem ersten abendfüllenden Werk setzt Folz sich mit dem Leben des Namenspatrons seines Chores auseinander. Es ist kein Oratorium, das Folz geschaffen hat, obwohl er einen Oratorienchor leitet. Es ist aber auch kein Theaterstück, auch wenn es schauspielerische Elemente birgt. Folz inszenierte in der Trierer Pfarrkirche Heiligkreuz ein Werk, das man getrost mit dem neudeutschen Begriff "cross-over" bezeichnen kann. Das Ergebnis ist eine durchaus spektakuläre Auseinandersetzung mit einem unheiligen Heiligen. Hat Spee den Menschen unserer Tage noch etwas zu sagen, oder ist er nur eine historische Person, die in der heutigen Zeit uninteressant ist? Folz und Carola Ehrt, die das Textbuch zusammengestellt hat, zeigen keinen Übermenschen, der unangefochten durch die Wirren seiner Zeit geht. Sie hinterfragen den Jesuiten, hinterfragen seine Überzeugungen. Sie demontieren den Theologen, der den meisten von uns nur als den Verfasser des Adventliedes "O Heiland reiß die Himmel auf" bekannt ist, und zeigen ihn mit all seinen Zweifeln. Ein durch und durch überzeugender Peter Singer verkörpert als Schauspieler und Sprecher einen Spee, der mit eigenen Texten, Bibelpassagen und Literatur aus unseren Tagen seinen Glauben untermauert. Er sieht sich auf einmal konfrontiert mit den Menschen unserer Zeit. Der ungeliebte Querdenker von damals muss heute immer noch seinen Glauben verteidigen, muss belegen, woher er seine Gewissheit nimmt. Folz hat es geschafft, Spee mitten in unser Leben zu stellen und ihn mit uns um seinen Glauben an Gott kämpfen zu lassen. Ein Spee, der Vorbild ist und Bruder, kein Säulenheiliger. Mit moderat-moderner Tonsprache zerreißt Folz den Mantel der Geschichte, lässt das schöne Adventlied als einen verzweifelten Hilfeschrei gen Himmel erklingen. Eine gelungene Kombination aus Theater und Oratorium. Mit diesem Werk machte sich der Spee Chor zu einem guten Sachwalter der Anliegen seines Patrons. Unterstützt wurde er dabei vom Männerchor "ensemble 85". So ungewöhnlich wie die Kombination aus Oratorium und Theater war auch die musikalische Besetzung. Neben Sprecher und Chor bediente sich Folz noch einer Mezzosopranistin, für deren Partie er Anke Steffens verpflichtet hatte. Instrumental wurde das Werk neben Folz von zwei Akkordeons (Jutta Groh und Helmut Abel) sowie von Björn Müller und Dennis Zimmer (Percussion) gestaltet. Minutenlanger, stehender Applaus beendete die Uraufführung eines Werkes, von dem man nur hoffen kann, dass es kein Schubladenschicksal erleiden muss.

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