Kernbach Kolumne: Schöne Bescherung

Kaum halten mit Rauschgoldengel und Elektro-Lichterkette die weihnachtlichen Vorfreuden Einzug in unsere guten Stuben, schon mehren sich auch im ganzen Land die versöhnlichen Nachrichten. Der deutsche Industrieverband hebt seine Wachstumsprognosen um satte 0, 2 Prozent, der VfB Stuttgart überwintert in der Champions League - und die "Harald Schmidt Show" wird eingestellt!



Pünktlich zum Fest der Liebe gibt‘s am 23.Dezember die letzte Sendung dieses Querulanten im Armani, ein Faktum, das bedauerlicherweise 100 Verlierer bei Schmidts´ Produktionsfirma Bonito TV, aber sonst nur strahlende Gewinner kennt.

Es ist im Nachhinein sowieso ein wahres Wunder, wie dieses Unterhaltungsformat acht (!) Jahre überstehen konnte. Auf dem Sendeplatz! Bei dem Sender! Zu einer Tageszeit, zu der ein anständiger Mensch dreiviertel trunken auf der Couch wegdämmert, lästert Schmidt hemmungslos über jede soziale Randgruppe und jede wie auch immer beschaffene Minderheit. Polenwitze - im deutschen Fernsehen! Ein Schlag ins Gesicht eines jeden politisch korrekt denkenden Menschen. Und außerdem kannte man die meisten schon.Und dazu diese elitäre ausgrenzende Art. Während sich die fernsehschaffende Industrie seit Jahren um den kleinstmöglichen intellektuellen Nenner bemüht und dabei auch bewusst die zuschauenden Haustiere in die Überlegungen miteinbezieht, leistet sich Schmidt permanent irgendwelche doppeldeutigen Bemerkungen, die nicht jeder auf Anhieb versteht.

Endlich ist Schluss damit! Jetzt kann man beim Powersender den Platz nach 23 Uhr gesamtprogrammgerecht mit einem Softporno oder einer Mallorca-Comedy besetzen. Ist doch super, oder? Und: Sogar für die erklärten Fans dieses Berufszynikers hält der Abtritt von Harald Schmidt zwei freudige Überraschungen parat: Erstens muss man jetzt nie mehr Sat.1 angucken, und zweitens hat "Bild"-Kolumnist Franz-Josef Wagner versprochen, ohne die Schmidt-Show in den brasilianischen Urwald abwandern zu wollen.

Danke Harald Schmidt! Und viel Erfolg beim Abschalten. Zum Einschalten bleibt ja noch "Lesen!" mit Elke Heidenreich. Die letzte Insel im Mahlstrom des Doofen.

Auf Wiederkommen!

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