"Toll", sagt Papa, "da kannst du das Schwert nehmen, das ich noch aus meiner Schultheaterzeit im Keller habe. Das ist aus Pappe und tut keinem weh." Max verdreht die Augen: "Wie blöd ist das denn? Heutige Ritter kämpfen mit Laserschwertern. Wir sind doch nicht im Mittelalter." Papa ist beleidigt: "Wie du willst, auf jeden Fall gab es auch im Mittelalter schon Schultheater." Stimmt. In vielen mittelalterlichen Klosterschulen wurden Theaterstücke aufgeführt. Meistens handelten sie von Geschichten aus der Bibel. Es gab aber auch Rollenspiele, bei denen ein Schüler für einen Tag in die Rolle einer wichtigen Persönlichkeit schlüpfte. Berühmt ist das Spiel vom Kinderbischof. Ein Schüler wurde dabei für einen Tag zum Bischof gewählt und musste dessen Aufgaben übernehmen. Zum festen Teil des Lehrplans wurde das Schultheater aber erst vor 500 Jahren durch Martin Luther, den Begründer der evangelischen Kirche, und seinen Freund Philipp Melanchthon. Melanchthon war ein Gelehrter, der sich viele Gedanken über Bildung und Erziehung machte. Er glaubte, dass die Schule dazu da war, kluge und besonnene Menschen auszubilden. Dabei sollte das Schultheater helfen. Wie, das hat Martin Luther in einer seiner berühmten "Tischreden" erklärt. Kurz gesagt: Beim Spiel im Schultheater soll jeder Schüler lernen, wie man sich zu Hause, bei Freunden, im Beruf und im Umgang mit anderen Menschen richtig und intelligent verhält. Bis heute hat das Schultheater diesen Zweck. Etwas später wurde es noch aus einem anderen Grund wichtig. Für die katholische Kirche war Luthers neue evangelische Kirche eine Konkurrenz. Es war wichtig, guten Religionsunterricht abzuhalten und die Kirchenmitglieder zurückzuholen, die zum neuen Glauben übergewechselt waren. Der Gründer des katholischen Jesuitenordens Ignatius von Loyola hatte erkannt, dass man sich die christliche Lehre besser vorstellen kann, wenn sie vorgespielt wird. Deshalb führten die Jesuiten in ihren Schulen das Theaterspiel ein. Auch in ihren Trierer Schulen wurde viel Theater gespielt. Eva-Maria Reuther