Kinokolumne: Fifty Shades of Schrott, reloaded

Trier · Wie beim ersten Teil sitze ich erwartungsvoll im Kino mit dem wohlwollenden Gedanken im Kopf, der Film müsse Teil 1 überbieten. Die Mischung aus Romantik, gut aussehendem tragischen Protagonisten, einer schlichten liebenden Heldin und knallharten SM-Liebesspielchen bietet schließlich beste Voraussetzungen. Außerdem wollten am Startwochenende schon rund 850 000 Besucher den Streifen sehen.

Anastasia Steele (Dakota Johnson) ist erwachsener geworden, startet mit einem neuen Job in einem Verlag durch. Ihr heißer aber emotional gestörter Ex-Lover Christian Grey (Jamie Dornan) taucht zu Beginn in Form eines riesigen weißen Straußes Rosen auf, den sie nicht schafft, in den Mülleimer plumpsen zu lassen. In der Ausstellung eines Freundes trifft sie ihn wieder. Er hat alle sechs großformatigen Fotografien gekauft, auf denen Anastasia abgebildet ist.
Er will sie zurück. Er kriegt sie. Alles ist anders und doch ähnlich, alles auf Anfang. Beide strengen sich an, auf den anderen einzugehen. Er gibt sich sogar mit Blümchensex zufrieden, wenn er sie damit glücklich macht. Sie will sich lieber versohlen, anstatt anhimmeln lassen. Diesmal läuft es bei den beiden!

Kritik zum 1. Teil: Fifty Shades of Grey

Eigentlich eine ungewöhnliche Lovestory zum darin Schwelgen, wären da nicht diese flachen Dialoge. Einige Highlights an Zitaten findet Ihr im Extra zusammengefasst. Fakt ist: der Film wäre erträglicher als Stummfilm-Variante. Der Soundtrack ist allerdings recht passabel. Zu Beginn gibt es bspw. den Coldplay Song Scientist in einer Version von Corinne Bailey Rae aufs Ohr.

Was den Streifen von anderen Schmonzetten unterscheidet, ist die Sado-Maso-Note, mit der seit Monaten geworben und gelockt wird. Der Erotikhersteller Lovehoney hat sich vor vier Jahren die weltweit exklusiven Rechte zur Produktion von "Fifty Shades"-Lovetoys gesichert. Sein jährlicher Profit vervierfachte sich von 16,5 Mio. auf 67 Mio. Euro. Die Verkäufe dieser Produkte stiegen seit dem ersten Film um fast 55% an, die neue "Fifty Shades Darker"-Kollektion soll noch erfolgreicher werden.

Wer nach dem lächerlichen SM-Geplänkel im Teil 1 dachte, jetzt geht es richtig zur Sache, wird bitter enttäuscht. Der Zuschauer darf einen Blick in Greys in blutroten Samt und Leder gekleidetes "Spielzimmer" werfen. Eine Nippelklemme (schlagt doch den Begriff selbst nach) testet er an ihrem Finger, zurrt sie fest und zieht sie wieder ab. "Autsch!", sagt sie und lutscht sich rehleinhaft am gepeinigten Fingerlein. Ah ja… Das ist also SM... In einer Szene haut er ihr wenige Male zart auf den Popo, bevor er mit ihr schläft. Gähn!

Amüsant: Grey und Steel wollen auf einen Ball gehen. Natürlich gibt es eine unglaubliche Auswahl an Abendkleidern und Dessous für Anastasia. Als sie angezogen vor ihm steht, lässt er etwas aus seiner Hand fallen. Erinnert Ihr Euch an die Szene in Pretty Woman, als Julia Roberts in dem Moment das passende Geschmeide für ihr Traumkleid von Richard Gere bekommt? Nicht hier: Aus Greys Hand fallen Liebeskugeln, die er ihr erst zum Anfeuchten in den Mund gleiten lässt, ehe er sie in ihre Vagina einführt. Ihr ernstgemeinter Kommentar: "Die schiebst du mir jetzt aber nicht in den Hintern!" lässt einige Kinobesucher laut lachen.
Warum Anastasia vor dem Ball Dessous unter dem Kleid trägt, sie nach dem Ball jedoch plötzlich nackt unter dem Kleid ist, bleibt ein Rätsel. Filmfehler!?

Als Grey ihr mit schweren Ledermanschetten die Hände fesselt und ihr ein wenig Öl über die Schulter gießt, steigt die Spannung und fällt rapide ab. Er macht sie nach wenigen Sekunden wieder los. Dann gibt's normalen Sex. Die Filmszenen sind so unglaubwürdig, dass sie leider lächerlich wirken.
Eigentlich klatscht es nur einmal richtig im Film. Als seine Mutter auf einer Party Greys Ms. Robinson (beste Freundin der Mutter) ins Gesicht schlägt, weil diese ihren Ziehsohn verführt und ihn in die Sado-Maso-Welt eingeführt hat. Gemimt wird die Gedemütigte von niemand geringerem als 9 ½-Wochen-Star Kim Basinger. Ja, 91/2 Wochen aus dem Jahr 1986 (!) hatte heiße Erotik und Sexszenen. Kim Basinger ist wohl die einzige in Fifty Shades of Grey, die tatsächlich weiß, wie Sado-Maso geht.

Fahrt nimmt der Streifen auf, als Anastasia von ihrem Chef sexuell belästigt wird oder als eine Ex-Sexsklavin von Grey sie mit einer Waffe bedroht. Dass Grey alle Probleme löst, ist von vornherein klar. Überhaupt scheinen die Ereignisse nur als Störungen zu fungieren. Zu kurz und schwach, um dem Film Handlungstiefe zu verleihen. Langweilig! Grey ist zudem immernoch der gleiche farblose, wenn auch recht ansehnliche Typ, dem man die Rolle nicht abkauft. Gähn!

Ganz selten blitzt ein wenig emotionale Tiefe auf. Als er ihr traumatische Kindheitserlebnisse offenbahrt. Als sie ihn berühren darf. Als er vor ihr auf die Knie geht, weil er sie nicht verlieren will.

Was Ihr im Film bekommt: Romantik, Liebe, oberflächliches Drama im Stil einer Seifenoper, Blümchensex, schöne Landschaften im Hintergrund und Hochzeitsglocken in der Ferne. Dazu einen passablen Soundtrack.
Was ihr nicht bekommt: Eine Geschichte mit Hand, Fuß, Tiefe. Feinsinnige Dialoge. Einen Einblick in die Sado-Maso-Welt. Ernstzunehmende, schauspielerisch starke Charaktere. Ein filmisch spannendes Werk.

Aber: Meine Mädels und ich haben Tränen gelacht. Das mag bei so manchem Kinobesucher/Fan, es waren vorwiegend Damen, auf Unverständnis gestoßen sein. Für die einen ist Fifty Shades of Grey eben eine Sado-Maso-Romanze, für mich war es die beste Komödie seit Bridget Jones.

**** Der Film läuft in den Trierer Kinos Broadway und Cinemaxx sowie in Bitburg, Bernkastel-Kues, Daun und Prüm.

Extra: 50 Shades of Grey in Zitaten

Sie: "Gut. Ich geh mit dir essen. Weil, ich hab Hunger."
Sie: "Du hast mir wehgetan, und das hat dich angetörnt. Das hast du in dir."
Sie: "Für eine gute Kommunikation müssen beide bei Bewusstsein sein."
Sie: "Du willst ne Blümchensexbeziehung?"
Sie: "Ich war so romantisch und dann kamst du mit deinen Perverso-Spielchen."
(Sie will ihm seinen Scheck in Höhe von 24.000 Dollar zurückgeben) Er: "Behalt ihn. So viele mach ich alle 15 Minuten."
Er: "Komm nicht (zum Höhepunkt)."
(Er kommt mit Liebeskugeln an) Sie: "Die schiebst du mir nicht in den Hintern!"
Er: "Ich weiß nicht, ob ich dich anbeten oder versohlen soll."
(Im Restaurant) Er: "Zieh deinen Slip aus."
Er: "Ich bin nicht dominant. Ich bin ein Sadist."

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