Klassik, Klamauk und Clownerie

Luxemburg · Das Duo Igudesman & Joo zeigt in Luxemburg vor 1200 Zuschauern den schwierigen Spagat zwischen klassischer Musik und komischen Elementen. Dabei ziehen sie weder die Klassik ins Lächerliche noch vernachlässigen sie das Komische.

Luxemburg. Werden der Violinist Aleksey Igudesman und der Pianist Hyung-ki Joo ihrem Ruf als You-Tube Stars mit über 36 Millionen Klicks gerecht? Das konnten sie in der Reihe "Pops/iPhil", die sich vor allem an ein jugendliches Publikum wendet, beweisen. In ihrer Show "A Little Nightmare Music" verbinden sie klassische Musik ("And now: Mozart" als Running Gag) mit komödiantischen Elementen. Normalerweise beginnt ein Konzert mit dem Hinweis, das Handy auszuschalten; bei Igudesman und Joo ist dies eine witzige musikalische Improvisation des weltbekannten Nokia-Klingeltones. Treffer!
Mozart, orientalisch


Mozart ist allgegenwärtig. Eines seiner Stücke auszuspielen gelingt den beiden Slapstick-Klassikern jedoch nicht. All ihre Versuche münden in Variationen, die, in "falschen" Tonarten gespielt, eher orientalisch, asiatisch oder gar unterlegt mit Themen aus James-Bond-Filmen daherkommen. Dazu grimassieren die Künstler und veranstalten allerlei artistische Verrenkungen.
Vor allem die zahlreich erschienenen Kinder, Jugendlichen und Junggebliebenen lachen herzlich, wohingegen manch älterer Klassik-Purist leicht indigniert dreinschaut. Der Klamauk ist halt nicht jedermanns Sache.
So soll es aber wohl sein; wie gesagt, 36 Millionen Klicks lügen nicht in Zeiten des Internets! Igudesman ist gebürtig aus Leningrad, Joo ein Brite mit koreanischen Wurzeln. Sehr britisch ist auch ihr Humor, den sie schon seit ihrer gemeinsamen Zeit auf der englischen Yehudi-Menuhin-School teilen. Sie schlagen den Bogen von Rachmaninow zu "All By Myself" von Eric Carmen, persiflieren sich selbst und nehmen das theatralische Gehabe mancher Klassik-Stars auf die Schippe. Ein Schelm, der bei Joos großen Gesten nicht an Lang Lang, den Meister der Selbstinszenierung am Flügel, denkt.
Aleksey Igudesman entlockt seiner Violine schöne bis eigenartige Töne, das Muhen einer Kuh ist ebenso dabei wie ein Rennwagen in der Beschleunigung oder die Sirenen eines Polizeiautos. Mehrsprachig unterhalten sie das internationale Luxemburger Publikum, ein Brüller, wenn Aleksey sein feines Oxford-Englisch mit einem russischen Akzent verfremdet. Bei seinem abgedrehten "Kung-Fu-Violin"- Auftritt stellt er mit seiner kostbaren Santo-Serafin-Geige von 1717 artistische Kabinettstückchen an, dass einem angst und bange um das fragile Instrument wird. Auch der Steinway-Flügel wird von Joo ziemlich malträtiert.
Es gibt aber auch durchaus ernste musikalische Momente, in denen die Extraklasse der beiden Musiker zum Ausdruck kommt. Allerdings: Auch was sich wie hingeflegelt und improvisiert anhört, zeugt von absoluter Virtuosität. Als zweite, frenetisch beklatschte Zugabe gibt es für die 1200 Zuschauer eine irre witzige Version von Gloria Gaynors "I will survive" im Balalaika-Stil. Klasse!

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