Kleiner Mann - ziemlich groß

Trier · Karsten Müllers Fallada-Revue besticht durch innovatives Regiekonzept.

 „Kleiner Mann“ im Pech: Der Abteilungsleiter (Johannes Kolz, Video) entlässt Pinneberg (Sebastian Gasper, links), weil er angeblich einen Kunden (Manfred-Paul Hänig) belästigt hat. TV-Foto: Mechthild Schneiders

„Kleiner Mann“ im Pech: Der Abteilungsleiter (Johannes Kolz, Video) entlässt Pinneberg (Sebastian Gasper, links), weil er angeblich einen Kunden (Manfred-Paul Hänig) belästigt hat. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Foto: mechi (wh_wko )

Dieser Mann ist ein Spielball. Jeder treibt ihn vor sich her. Selten ergreift Johannes Pinneberg selbst die Initiative. Ihm passiert alles: Er lernt eine junge Frau kennen, sie wird schwanger, er heiratet sie, er verliert den Job, seine Mutter organisiert ihm einen neuen, erneut wird er arbeitslos. Das Schicksal treibt ihn in die Armut.

Spärlich ist auch das Bühnenbild im kleinen Saal der Trierer Tufa. Drei schwarze Würfel - mal Stuhl, Tisch, Hocker, mal schwere Säcke - und eine große Leinwand, mehr braucht Karsten Müller nicht, um den Roman "Kleiner Mann - was nun?" von Hans Fallada zu inszenieren. Und vier Schauspieler auf der Bühne.

Sebastian Gasper ist ein sympathischer Johannes Pinneberg. Ein Mann, der sich in sein Schicksal ergibt. Ein "kleiner Mann", ein Buchhalter - unbedeutend, nichtssagend. Man möchte ihm Mut zureden, ihn vorwärtsstoßen.

Müller macht seinen Pinneberg auch körperlich klein. Gaspar sitzt, wenn die anderen stehen. Steht er, schauen die anderen von den Podesten auf ihn hinab. Nur sein Lämmchen ist mit ihm gleichauf. Katja Büdinger spielt die Emma Mörschel mit viel Gefühl. Die Lieder - darunter Hans Albers' "Und über uns der Himmel" - singt Büdinger mit viel Empathie aus dem Zuschauerraum neben dem Klavier, an dem Klauspeter Bungert den Ton angibt.

Monika Wender mimt die beiden Mütter extrem überdreht. Manfred-Paul Hänig gibt seinen Rollen einen besonderen Dreh: Pinnebergs Chef Kleinholz interpretiert er als Juden, Schauspieler Schlüter als Homosexuellen und den Lover von Pinnebergs Mama als großkotzigen, aber liebenswerten Macho.

Der besondere Clou des Stücks: Die Nebenrollen, die Müller aufs Wesentliche komprimiert hat, übernehmen Trierer "Prominente". Sie interagieren per Schwarz-Weiß-Video mit den Akteuren auf der Bühne. Die Schwierigkeit: Die Dialoge verlangen ein perfektes Timing. Doch es lohnt: Diese Idee macht das Stück kompakt, knackig und innovativ.

Weitere Termine: 14., 29. November, 1., 2., 9. Dezember, 19., 20., 25. Januar, 3. Februar, jeweils 20 Uhr in der Tufa Trier.

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