Kleiner Rahmen, großes Konzert

WAWERN · Mit einem aufregenden Stilmix bringt Singer-Songwriterin Sarah Ferri die Wawerner Synagoge zum Beben

 „Dass die noch nicht bekannter ist", so wundert man sich im Publikum. Es sind zwar „nur“ 50 Zuschauer in der Synagoge Wawern, die jubeln dafür lautstark beim Auftritt der Belgierin Sarah Ferri. TV-Foto: Dirk Tenbrock

„Dass die noch nicht bekannter ist", so wundert man sich im Publikum. Es sind zwar „nur“ 50 Zuschauer in der Synagoge Wawern, die jubeln dafür lautstark beim Auftritt der Belgierin Sarah Ferri. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Foto: Dirk Tenbrock (DT) ("TV-Upload Tenbrock"

WAWERN Schon vor zwei Jahren war Sarah Ferri erfolgreich in der Region zu Gast, deshalb ist sich Christof Kramp schon vor dem Konzert sicher: "Das wird ganz groß!" Er hat aber auch einen Wissensvorsprung, denn er hat das neue, zweite Album "Displeasure" der aufstrebenden jungen Belgierin mit italienischen Wurzeln schon gehört.
Nach dem heiteren Erstlingswerk "Ferritales", das vom Stil her an die Französin ZAZ erinnerte, mit der Ferri auch schon als Opening Act auf Tour war, wendet sich die Singer-Songwriterin nun ihrer düsteren, melancholischen Seite zu. Dieses neue Album steht denn auch im Mittelpunkt des Konzertes am Sonntagabend vor 50 Zuschauern in der gut gefüllten ehemaligen Synagoge zu Wawern.
Was diese 50 Menschen allerdings an lautstarkem Jubel entfachen, sucht seinesgleichen. Auf einer Welle der Begeisterung reitet die Ferri mit ihrer exzellenten dreiköpfigen Band (Schlagzeug, Bass und Gitarre) für die nächsten 90 Minuten virtuos.
Der spannende Stilmix schlägt einen weiten Bogen von Rhythm & Blues über Soul bis hin zu rockigem Pop. "Displeasure" ist reich instrumentiert, mal dominiert der Bass (elektrisch oder als Kontrabass), mal die Gitarre, mal die Drums, die bei "God gave us a Rainbow" ein apokalyptisches Donnergrollen hören lassen.
Sie singt ausschließlich auf Englisch, dazu bedient sie meisterlich das Keyboard, und in ihren kurzen Zwischenmoderationen gibt sie Informationen zu ihren Texten. Über das Biest in ihr drin, das manchmal raus will ("Moon"), die alten Gewohnheiten, die sich immer wieder durchsetzen ("Old Habits"), aber auch über ihre Angst vor der Allmacht mancher Politiker ("When the Giants Play Poker"). Die volle Bandbreite der persönlichen, romantischen, aber auch politischen Gefühle also.
Mit ihrer enormen Stimme erzeugt Sarah Ferri dann die passend großen Emotionen dazu, hell und glitzernd in den Höhen, dann wieder mit profundem Tiefgang.
Das erinnert ein wenig an Lana Del Rey oder sogar - und das ist absolut als Kompliment aufzufassen - an die an sich unvergleichliche Carole King, die kürzlich ihren 70. feierte. Ferri dürfte Anfang dreißig sein, offiziell gibt es keine Angaben, unter glücklichen Voraussetzungen könnte auch sie ein großer Star werden, die Anlagen und die Ausstrahlung hat sie allemal.
Das sehen auch die Zuschauer so: "Dass die noch nicht bekannter ist, wundert mich echt", sagt ein Bewunderer. Mit dem bluesigen "Old Habits" endet das erste Set vom zweiten Album, dann folgt ein bisschen Gute-Laune-Musik von "Ferritales", bevor im Finale "Displeasure" und "When the Giants Play Poker" vom großen Talent der Ferri zeugen, die sich erst seit drei Jahren ausschließlich der Musik widmet. Vorher "verkaufte sie Kamine", wie sie selbst erzählt.
Die Zuschauer sind heilfroh, dass diese Lebensphase durch ist, und erklatschen sich sage und schreibe fünf Zugaben, damit hatten die Musiker selbst nicht gerechnet und strahlen vor Freude.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort