Klimawechsel für die Festspiele

TRIER. Die Rückkehr ins Amphitheater verbindet sich für die Antikenfestspiele mit der Hoffnung auf einen Neustart nach zwei schwächeren Jahren. Intendant Gerhard Weber setzt dabei weniger auf klangvolle Namen als auf das Raumerlebnis, das er den Zuschauern bieten will.

Die Dramaturgie bei der stark besuchten Pressekonferenz im Amphitheater war clever. Die großformatige Fotomontage mit der neuen Tribüne hatte man hinter einem Vorhang versteckt, auf dass der Intendant ihn effektvoll lupfen konnte. Das signalfarbene Modell von Francois Valentinys riesigem Bühnenraum lud zum Träumen von neuen, großen Zeiten ein. Und als gälte es, den Trierern die letzten Zweifel am bevorstehenden Festspiel-Aufschwung zu nehmen, schwärmte Gilles Lebure, Manager der Luxemburger Philharmoniker (OPL), in höchsten Tönen von "diesem fantastischen Ort, an dem die Oper da hin zurück kehrt, wo sie ihren Ursprung hat". Das trifft zwar historisch nicht ganz auf das Amphitheater zu, traf aber die Stimmung recht gut. Seit die neue Tribüne wieder Erwarten doch finanziert werden konnte, macht sich Aufbruchstimmung breit. "Je größer die Widerstände, desto mehr Freude am Ende", reimte Verwaltungsdirektor Werner Reichert. Dass Gerhard Weber so deutlich auf das "Raum-Erlebnis" setzt, hat freilich auch damit zu tun, dass er die ganz zugkräftigen Namen früherer Jahre nicht aufbieten kann - vielleicht auch nicht will. Dabei verspricht das künstlerische Profil der Festspiele zwar nicht große Prominenz, aber doch beachtliches Niveau. Das beginnt bei der Rückkehr der Luxemburger Philharmoniker, die zum ersten Mal nach den heftigen Verwerfungen des Jahres 2000 - damals ließen sie aufgrund arger Trierer Organisationsmängel eine Vorstellung platzen - wieder als Opern-Orchester zur Verfügung stehen. Mit Marc Soustrot bringen sie einen Dirigenten der europäischen Spitzenklasse an die Mosel. Bei der Regie setzt Weber auf Erfahrung und Solidität, ohne dabei Langeweile zu riskieren. Der langjährige Saarbrücker Intendant Kurt Josef Schildknecht wird die Oper inszenieren, der Trierer Publikumsliebling Horst Ruprecht ("Besuch der alten Dame", "Andorra") setzt das Schauspiel in Szene. Als spektakulärer Kontrapunkt und "enfant terrible" fungiert der Luxemburger Star-Architekt Francois Valentiny - sicher auch eine Art Appetithappen für das Publikum aus dem Ländchen. Bei der Oper schlägt die Stunde junger, vielversprechender Sänger. John Uhlenhopp und Dubravka Musovic haben in den Titelrollen von "Samson und Dalila" alle Chancen, sich für den internationalen Markt zu profilieren. Im Schauspiel übernimmt mit Johanna Liebeneiner eine illustre Schauspielerin die Rolle der Iokaste. Michael Marwitz als Ödipus: Da schielt Weber vielleicht ein bisschen aufs Lindenstraßen-Publikum, wurde Marwitz alias Kurt Sperling doch dort dermaleinst von seinem Sohn Momo erdolcht - fast wie in der Antike. Und da sind ja auch noch die Extra-Schmankerl: Das Konzert der Weimarer Staatskapelle, ein Geschenk zum Partnerschafts-Jubiläum. Und, nicht zuletzt, die "Odyssee"-Lesung mit Deutschlands größter Stimme, Christian Brückner - der Mann der nicht nur Robert de Niro spricht, sondern auch jede Fernseh-Dokumentation, und handele sie auch von Kanaldeckeln, zu einem Kunstwerk veredelt. Bleibt nur das Wetter. Für eine Orchester-Überdachung hat es leider nicht mehr gereicht. Aber auch da hilft wieder der Luxemburger Optimismus: Der Klimawechsel werde es schon richten, mutmaßte OPL-Direktor Olivier Frank, "wenn wir im Februar schon 15 Grad und Sonnenschein haben, was soll im Juni schiefgehen?"

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