Klingende Festfreude

MORBACH. Welch einladende Feststimmung! Draußen blinkten aus zahllosen Windlichtern die Kerzen. In der Pfarrkirche St. Anna glänzten Nikolai Tschotchev und Friedrich Sauer an den Trompeten und Franz Lehrndorfer an der Orgel. Der TV präsentierte das Konzert.

Stimmungsvoller kann Vorweihnacht nicht sein. Leuchtende Kerzen vor jedem Geschäft, ja sogar am kleinen Brunnen im Morbacher Stadtzentrum, elektrische Lichternetze am Geäst der Bäume, die Menschen auf den Straßen fröhlich, aber nicht laut. Kein Kirmesjubel, keine überzuckerte Weihnachtsseligkeit. Und mitten im Morbacher Lichterfest laden die angestrahlten Türen der Pfarrkirche St. Anna ein zum Konzert, zum Auftritt zweier angesehener Interpreten und eines jungen Trompeters. Zu Gast waren der Münchener Orgelprofessor Franz Lehrndorfer, der Trompeter Nikolai Tschotchev und sein Schüler Friedrich Sauer aus Rapperath bei Morbach. Sie musizierten fast ausschließlich festliche Barockmusik, aber die nicht monoton und einförmig, sondern sensibel und mit erstaunlicher Stil-Spannweite. An der Morbacher Orgel, die wahrscheinlich nicht leicht zu handhaben ist, versenkte sich Franz Lehrndorfer in die Mystik der Bachschen Choralbearbeitung "Nun komm, der Heiden Heiland", verlieh den Variationen über ein französisches Weihnachtslied von Jean-Jacques Beau-varlet-Charpentier einen galanten Rokoko-Tonfall, gab einer Suite von Conrad Michael Schneider tänzerische Beweglichkeit und aparten Klangreiz, entwickelte das einleitende Konzert von John Stanley zum eindrucksvollen Klangportal. Sicheres Stilgefühl, eine solide Bearbeitungspraxis und ganz einfach künstlerisches Können, das machte dieses Konzert so reich. In einer Sinfonia von Alessandro Scarlatti entdeckten Lehrndorfer und Tschotchev eine Vielzahl von Ausdrucks-Facetten, mal mit spielerisch-beschwingter Festlichkeit, mal pastoral sanft. Das nicht gerade aufregende, aber doch solide komponierte Choralvorspiel von Ernst Schmidt (1864-1936) entfaltete schlichte Innigkeit. Und eine Suite aus Georg Friedrich Händels Wassermusik - in Franz Lehrndorfers Bearbeitung für zwei Trompeten und Orgel bringt die ursprünglich weltliche Musik Pracht und Großzügigkeit mit, und die Interpreten fanden sensibel den Ausgleich zwischen dem Schwung der musizierten Tänze, dem Festglanz der Besetzung und der religiösen Grundstimmung in der Pfarrkirche St. Anna. Da spielte Friedrich Sauer die erste Trompete und stand damit musikalisch ganz an der Rampe. "Nur zwei kleine Fehler hat er gemacht", sagte Lehrer Tschotchev kritisch-anerkennend nach dem Konzert. Am Schluss hatte Franz Lehrndorfer einfallsreich und sicher über das Lied "Wachet auf, ruft uns die Stimme" improvisiert, und die Gemeinde stimmte stark und fröhlich ins Lied ein. "Wunderschön, das Konzert", sagte eine Besucherin beim Hinausgehen.

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