Komödie der Irrungen

TRIER. Bei sieben Aufführungen des Festivals spielte das Wetter mit, sie gingen im Amphitheater über die Bühne. Die achte wurde in die Großraumhalle verlegt - und führte zum Chaos.

 Tristesse in der Arena: Impression von der "Julius Caesar"-Aufführung in der Großraumhalle.Foto: Josef Tietzen

Tristesse in der Arena: Impression von der "Julius Caesar"-Aufführung in der Großraumhalle.Foto: Josef Tietzen

Schon die langfristige Vorhersage verheißt nichts Gutes. Am Spätnachmittag wird es dann tatsächlich immer dunkler. Wer nach 18 Uhr die Wetter-Hotline anruft, erfährt, was er befürchtet hat: "Die letzte Aufführung des ,Julius Caesar‘ muss wegen Gewittergefahr in die Großraumhalle Arena Trier verlegt werden!" "Gut, dass die Organisatoren frühzeitig eine Entscheidung treffen", denkt der Besucher. "So haben sie genug Zeit, um die Voraussetzungen für eine gelungene Aufführung in der Ersatzspielstätte zu schaffen." Kurz vor Einlass in die Arena fängt es dann tatsächlich an zu regnen. Man ist versucht, dem Intendanten zur weisen Entscheidung zu gratulieren. Doch ein erster Blick in die Ersatzspielstätte vertreibt diesen Gedanken schnell. Von Bühnenbild ist so gut wie nichts zu sehen. Nur notdürftig mit schwarzen Tüchern verhängte Sitzränge bilden den Hintergrund der verschiedenen Spielebenen. Statt römischem Gemäuer viel blankes Aluminium - die Spielstätte versprüht den Charme einer Chemiefabrik. Die kolossale Pompejus-Säule aus dem Amphitheater findet natürlich keinen Platz. Aber eine kleinere Version ist in der Arena ebenfalls nicht vorhanden. Als auch die letzten Nachzügler eingetroffen sind, begrüßt Heinz Lukas-Kindermann die rund 1500 Besucher: "Willkommen im Trockenen!" Er entschuldigt sich dafür, dass in der Großraumhalle nicht das Ambiente des Römer-Monuments herrsche. "Aber", fügt er hinzu, "kommen Sie wieder, wenn diese Halle 2000 Jahre alt ist!" Da hat er die Lacher noch auf seiner Seite. Böses ahnen lässt dann seine Ankündigung, dass bis auf den noch erkälteten Ralf Bauer die Schauspieler auf die im Amphitheater benötigten Mikrophone verzichten würden. Mit halbstündiger Verspätung nimmt dann im doppelten Sinne des Wortes ein Trauerspiel seinen Lauf! Zum Lachen ist bald niemandem mehr - weder dem Intendanten noch den Schauspielern oder dem Publikum. Denn vom Geschehen auf der Bühne ist in der Arena fast nichts zu verstehen. Die Stimmen der Akteure werden quasi vom Publikum "geschluckt". Die Besucher werden unruhig, verlassen in Scharen die Halle. Nach 50 Minuten macht der Intendant dem Trauerspiel ein Ende: Er zieht die Pause vor und lässt aus dem Amphitheater die Mikroport-Anlage heranschaffen. Das dauert. Auch das Anschließen der Mikros... Publikumsliebling Bauer springt in die Bresche. Er besänftigt die Besucher, rezitiert Heinz Erhardt, Joachim Ringelnatz und gibt das "Vorspiel auf dem Theater" aus dem "Faust" zum Besten. Jetzt folgt ein Soundcheck. Um 23 Uhr geht Shakespeares Tragödie weiter. Das Schlachtengetümmel fällt kleiner aus als im Amphitheater. Doch ständig sind aus dem Off Stimmen von Akteuren zu hören, deren Mikros nicht abgeschaltet wurden. Gegen Mitternacht endet eine denkwürdige Aufführung, die vom Trauerspiel vor der Pause zu einem anderen Stück Shakespeares mutierte - der "Komödie der Irrungen". Bleibt die Frage, warum nicht gleich mit einer Mikro-Anlage gearbeitet wurde. Schon die Proben der Schauspieler in der Halle liefen ohne Mikrophonie ab, da sich zuvor "das Orchester selbst beschallt habe". Dass das Publikum in der Weise den Ton schluckte, habe man nicht erwartet, sagt Kindermann. Arena-Manager Wolfgang Esser verweist darauf, dass die nötige Technik in der Halle vorhanden gewesen, von den Festspielen aber nicht genutzt worden sei. Da fragt sich der verärgerte Besucher natürlich: "Warum nicht?"

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