Kreativer Chaot mit romantischer Ader

Mit seiner Band spielt Thomas Schwab am 26. Juli ein Open-Air-Konzert im Trierer Amphitheater. Fast unbemerkt hat sich der aus Bernkastel-Kues stammende Musiker, Komponist und Arrangeur einen Platz in der ersten Reihe der deutschen Livekünstler erobert. Ausgangspunkt ist ein lauschiges kleines Kraftzentrum in einem idyllischen Moseldorf.

 Authentischer Pop ohne Ecken und Kanten: Mit seiner Musik will Komponist und Pianist Thomas Schwab „Menschen zusammenbringen“ – und ist damit seit Jahren sehr erfolgreich. Foto: Archiv/privat

Authentischer Pop ohne Ecken und Kanten: Mit seiner Musik will Komponist und Pianist Thomas Schwab „Menschen zusammenbringen“ – und ist damit seit Jahren sehr erfolgreich. Foto: Archiv/privat

Mülheim. Thomas Schwab gehört zu den eher stillen Stars im Lande. Dabei haben seine Shows und Konzerte bundesweit im vergangenen Jahr mehr Zuschauer angezogen als das Trierer Theater und das Mosel Musikfestival zusammen. Alles organisiert von einem zehnköpfigen Team in einem renovierten Altbau mit Ferienflair. In Mülheim, einem Moselort, den man vorrangig kennt, weil dort eine Brücke über den Fluss führt.
Eigentlich müsste er täglich auf Tour sein, überall in der Region, weil alle seine Erfolgsrezepte kennenlernen wollen. Aber Schwab ist weder Gesellschaftslöwe noch Werber in eigener Sache. Warum auch. Er kann ja über seine Musik kommunizieren.
Manchmal wie ein großer Junge


Im Gespräch wirkt er nachdenklich, leise, reflektiert. Redet er über etwas, was ihm am Herzen liegt, kommt er manchmal rüber wie ein großer Junge - trotz seiner 39 Jahre. Die Hartnäckigkeit und Konsequenz, mit der er die Musik zu seinem Lebensinhalt (und natürlich auch Lebensunterhalt) gemacht hat, traut man ihm auf den ersten Blick kaum zu.
Es sei denn, man hat ihn schon vor fast 20 Jahren erlebt. Da ging der Student vom Luxemburger Konservatorium mit seiner ersten Idee hausieren, warb um Unterstützung für das selbstgeschriebene Musical "Flori", das er szenisch aufführen wollte. Ein verwegener Plan. Aber da war ein enorm begeisterungsfähiger Jung-Komponist. Und seine damalige Freundin (und heutige Frau), die den Eindruck vermittelte, sie sei handfest genug, einem Himmelsstürmer Bodenhaftung zu verleihen.
Die Geschichte ist bekannt: "Flori" wurde zur "urban legend" der Mosel, ein musikalisches Märchen mit Kultpotenzial über Generationen hinweg. Für Schwab bedeutete das den Einstieg in eine Profikarriere, die er 1998 mit der "Moments"-Reihe fortsetzte, aufwendigen Konzeptkonzerten mit musikalischen Freunden.
16 CDs veröffentlicht


16 CDs hat Thomas Schwab seither veröffentlicht, 200 Titel geschrieben. Meist Pop-Musik, eingängig, frei von Ecken und Kanten. Das kann man kommerziell nennen. Doch bei Schwab wirkt es authentisch. Es ist seine Musik. Vielleicht könnte er auch Jazz. "Aber warum sollte ich?", fragt er rhetorisch. Sein Talent, das hat er erkannt, liegt nicht in schrägen Blue Notes, sondern darin, "Menschen zusammenzubringen".
Wie er das mit seinen filigranen Arrangements schafft, hat etwas Geniales. Wenn er leise Töne anschlägt, dann wischen selbst die Herren im Publikum verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel. Und manchmal holt er aus einer Vorlage unendlich viel mehr heraus, als man dem Original je angehört hätte.
Ein Romantiker? Schwab denkt ein paar Sekunden nach, ehe er einräumt: "Vielleicht schon." Ein kreativer Chaot? Da geht die Zustimmung schon schneller von der Zunge. Gut, wenn die Crew, die ihn umgibt, dann eine Art familiäres Umfeld bietet. Wer mit Schwab arbeitet, gehört zu einer verschworenen Gemeinschaft.
Den Drahtseilakt, den das Musikgeschäft bei allem Erfolg bedeutet, meistert man gemeinsam. Da kann der Chef sich dann auch schon mal ins eigene Haus im Nachbardorf zurückziehen und komponieren. Dass ihm die Kreativität je ausgehen könne, davor hat er am wenigsten Angst.
Im vergangenen Jahr hat die Schwab-Familie einen Durchbruch geschafft, mit dem bundesweit sensationell erfolgreichen Musical "Yakari", das Schwab für die Trierer Nestwärme geschrieben hat. Selbst Riesenhäuser waren ausverkauft, von der Köln-Arena bis zur Hamburger O2-World. Aufführungsserien bis zum Sommer 2015 sind gebucht, Walt Disney hat wegen eines Nachfolgeprojektes angefragt.
Aber mitten in der Vorbereitung verunglückte Organisatorin Judith Esser tödlich. Und bei den Schlussproben für "Christmas Moments" starb Sänger Oliver Rohles. Zwei aus der Schwab-Familie. Der größtmögliche Schicksalsschlag mitten im größten Erfolg. "Ich weiß nicht, wie wir die Tour gepackt haben", erinnert sich Thomas Schwab. Das wirkt nach, bis hin zum Open Air im Amphitheater: "Es wird ein Konzert der leisen Töne." Aber gerade die beherrscht er besonders gut.Extra

Das erste Schwab-Open-Air seit zwei Jahren steigt am Samstag, 26. Juli, unter dem Motto "In diesem Moment" im Amphitheater Trier. Gast: Patricia Kelly. Neben Stammkräften wie Meike Anlauff, David Moore und Guido Illigen setzen Geigerin Carole Mallinger und Akkordeonist Theo van der Poel Akzente. Schwab verspricht "Magische Momente an historischer Stätte". Karten: TV-Service-Center Trier, www.volksfreund.de/tickets oder 0651/7199-996. DiL

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