Krimi-Tour durchs Land: Von Tatort zu Tatort

PRÜM. Josef Zierdens Lesehunger ist unersättlich. Für seinen literarischen Reiseführer "Krimi-Tour Rheinland-Pfalz", der Ende März im Emons-Verlag erscheint, hat der Autor sich durch 180 Bücher von 70 Autoren gelesen. Ermittelt wurde bei mehr als 370 Tatorten, wovon 90 Prozent real sind.

 Von Tatort zu Tatort: Josef Zierdens (kleines Foto) Krimi-Spur führt durch ganz Rheinland-Pfalz. Foto: Stefanie Glandien

Von Tatort zu Tatort: Josef Zierdens (kleines Foto) Krimi-Spur führt durch ganz Rheinland-Pfalz. Foto: Stefanie Glandien

Der Sherlock Holmes in Sachen literarischer Morde hat bei seiner Recherche mehr als 500 gedruckte Leichen in Rheinland-Pfalz gefunden. Der Autor zweier Literatur-Lexika hat bereits einen Krimi-Reiseführer Eifel geschrieben. Nun wandelt der Initiator des Eifel-LiteraturFestivals und Studiendirektor am Sankt Matthias-Gymnasium Gerolstein im Dienste des Krimi-Fans auf einem erweiterten Radius durch Rheinland-Pfalz. "Ich möchte über die Literatur an die Landschaft heranführen", sagt Zierden. Sechs bis sieben Bücher am Tag

Im Rahmen des Festivals habe er schon 1994 Krimi-Touren in der Eifel angeboten. "Doch, warum sollen die Leute immer nur während des Festivals die Gelegenheit dazu haben, an so etwas teilzunehmen?", dachte er sich. Und entgegen seiner Erwartungen ("ich dachte, der hätte bald seine letzten Zuckungen") boomt der Regional-Krimi in Deutschland - ein ungebrochenes Phänomen. Am Anfang stand das Wort: "Ich will alles haben, was es an Krimis aus der Landschaft gibt - das ist wie eine Sucht", sagt der 51-Jährige über den ersten Schritt seiner Arbeit. Dann gräbt er sich maulwurfartig durch einen imposanten Bücherstapel, der aus Gründen der Stabilität an sein Bücherregal angelehnt ist. "Ich schreibe über nichts, was ich nicht selbst gelesen habe", heißt seine Devise. Da sich Zierden ständig im Clinch mit seinem Zeitbudget befindet, praktiziert er das so genannte "speed-reading", was im Klartext bedeutet: sechs bis sieben Bücher am Tag, von morgens sechs bis abends 23 Uhr. Oder um es mathematisch auszudrücken: maximale Lesegeschwindigkeit bei minimalem Aufwand. Das funktioniert natürlich nur in den Ferien. Da habe er zwei Stapel "kleingelesen". Gesundheitlich gefährlich wird es dann, wenn der Text-Ermittler dann doch noch mal etwas nachschlagen muss. So zum Beispiel bei einem Roman aus dem Westerwald von Annette Biemer. "Der lag leider ziemlich weit unten, und bei dem Versuch, ihn herauszuziehen, fiel der ganze Stapel um", erinnert sich Zierden. Aufgeschreckt von dem Lärm sei seine ganze Familie ins Bürozimmer gestürzt, um zu sehen, was von ihm übrig geblieben sei. "Wäre doch ein schöner Tod für einen Autor gewesen", scherzt Zierden. Bleibt zu erwähnen, dass das Buch passenderweise den Titel "Stille Post" trägt. Bei der Beschreibung der Tatorte legt Zierden Wert auf Authentizität. Wobei er zum großen Teil den Autoren vertrauen musste, denn, um alle Tatorte selbst abzufahren, hätte er sich wohl beurlauben oder vierteilen müssen. Bei den wichtigsten Schauplätzen hat er zur Illustration jedoch selbst zur Kamera gegriffen. Auch Routenvorschläge finden sich im Reiseführer. Die hat der Prümer allerdings nicht selbst erwandert, sondern per Computer recherchiert. "Ich schreibe fast gleichzeitig während ich lese. Ich weiß, die Vorstellung ist sehr unromantisch." Die wichtigsten Ermittler - die seltsamsten Morde

Neben den Landstrichen und ihren Mördern findet der Leser auch Info-Kästchen. Er sei regelrecht im Listenfieber gewesen, sagt Zierden. So gibt es Infos zu den wichtigsten Ermittlern, den seltsamsten Morden oder zu Festivals und Reisen. Mordgeschichten und kein Ende, was sagt der schon als Eifel-Literatur-Papst betitelte Lehrer über die Rheinland-Pfalz-Krimis? Aus der Masse deutlich herausrage der Roman "Rabenbrüder" von Ingrid Noll. Eine erfreuliche Entdeckung sei Monika Geier, die schon den "Marlowe", den Krimi-Preis der Raymond-Chandler-Gesellschaft Deutschland gewonnen habe. Nicht immer nur vergnüglich sei die Lektüre für den Reiseführer gewesen. Eher außergewöhnlich fand Zierden einen Hundekrimi aus dem Hunsrück, der abwechselnd aus der Sicht von Hundchen und Frauchen geschrieben ist. Und wann kommt ein Roman aus Zierdens Feder? Zierden: "Ein Sachbuch ist organisierbar, da muss ich in der Welt bleiben." 2006 wird er sich wieder ganz dem Eifel-Literatur-Festival widmen. Und danach könnte er sich eine Fortsetzung des literarischen Reiseführers in einem anderen Bundesland vorstellen.

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