Kultur-Chefin nach Konzert-Absagen in der Kritik

TRIER. Zwischen der Jüdischen Kultusgemeinde und dem Trierer Kulturzentrum "Tuchfabrik" (Tufa) gibt es einen heftigen Streit. Grund: Die jüdische Gemeinde sollte nach dem Willen der Tufa-Chefin Gisela Sauer zwei fest geplante Konzerte wieder absagen – wegen der militärischen Auseinandersetzung Israels mit dem Libanon. "Eine starke Entgleisung der Tufa", sagen Vertreter der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.

Als Daniel Botmann, Vize-Chef des rheinland-pfälzischen Landesverbands der Jüdischen Gemeinden, unlängst aus dem Urlaub kam und sich am Computer seine zwischenzeitlich eingegangenen E-Mails anschaute, traute er seinen Augen nicht. Gisela Sauer, Geschäftsführerin und Programmplanerin der Tufa, forderte Botmann in einer Mail dazu auf, zwei für den September und November im Trierer Kulturzentrum fest angesetzte Konzerte wieder abzusagen. "Aufgrund der momentanen Kämpfe in Israel und im Libanon möchten wir Sie bitten, das Konzert mit Avitall abzusagen - diese synagogalen Gesänge passen nicht zu der politischen Lage - und wir werden auch von der Raumzusage für das Konzert mit Efrat Alony zurücktreten" , heißt es in dem Schreiben der Tufa-Chefin wörtlich. "Eine ziemlich starke Entgleisung", findet nicht nur Daniel Botmann. "Wer Juden in Deutschland für die Handlungen der israelischen Regierung in Haftung nimmt, macht sich des Antisemitismus schuldig", sagt Oliver Lauer, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Trier. Die derart attackierte Tufa-Chefin kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Ihre Formulierung sei zwar "ungeschickt" und "ein Fehler" gewesen, räumt Gisela Sauer ein. Aber sie habe sich am Telefon bei Daniel Botmann dafür auch später entschuldigt und ihre Entscheidung rückgängig gemacht. Die Konzerte mit der Berliner Kantorin Avitall Gerstetter und der israelischen Jazzband Alony könnten wie geplant stattfinden. Im Gespräch mit unserer Zeitung begründete Sauer die Beinahe-Absage gestern Abend mit der Satzung des Trierer Kulturzentrums, in der sich der Verein dazu verpflichte, politisch und weltanschaulich neutral zu sein. "Wir hatten mal eine Veranstaltung mit einem katholischen Verein", sagt Sauer, "da hat mich der Vorstand im Nachhinein fast gelyncht." Dass die Jüdische Kultusgemeinde nun derart schroff reagiert, nach dem die Angelegenheit nach Ansicht Sauers bereinigt schien, kann die Tufa-Chefin nicht verstehen. Das Tischtuch zwischen ihr und Daniel Botmann, dem Vize-Landeschef der Jüdischen Gemeinden, scheint zerschnitten. "Wie stellt sich Botmann denn die künftige Zusammenarbeit vor?", sagte Sauer unserer Zeitung. "Er gräbt sich selbst das Wasser ab." Daniel Botmann indes kann sich an die angebliche telefonische Entschuldigung der Tufa-Chefin nicht erinnern. "Nicht Frau Sauer hat mich angerufen, sondern ich sie", sagte Botmann gestern Abend unserer Zeitung. "Und bei mir entschuldigt hat sie sich auch nicht." Trotz der erheblichen Dissonanzen will aber auch Daniel Botmann an den beiden Konzerten festhalten: "Die finden wie geplant statt."

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