Kultur braucht Marketing

HAMBURG/TRIER. (DiL) Der Kampf ums Publikum für Kultur-Angebote wird härter. Das ergibt die jüngste Umfrage des B.A.T.-Freizeitforschungs-Institutes. Kulturpolitik müsse verstärkt "zum Kulturmarketing werden", fordert Deutschlands prominentester Freizeitforscher Horst Opaschowski.

2000 Personen ab 16 Jahren waren gefragt worden, wie oft sie welche kulturellen Freizeitangebote in Anspruch nehmen. Vorn lag das Kino (68 Prozent) vor dem Theater (55), Musical (41), Open Airs (40), Klassik-Konzerten (29) und Oper (23). Die Zeiten, da sich insbesondere die öffentlich geförderte Hochkultur wie Theater und Museen auf ein verlässliches Stammpublikum stützen konnte, seien "vorbei", folgert Opaschowski. Man konkurriere im "Wettkampf der Kulturen" zunehmend mit breitenkulturellen Angeboten wie Kino, Sport und Popkonzerten. Angesichts des zunehmend knappen Geld- und Zeitbudgets müssten "innovatives Marketing und professioneller Vertrieb" auch für klassische Kultur eingeführt werden. Nur wer Angebote zu den Menschen bringe, ziehe Interessenten an. Einen Unterschied zwischen "E-Kultur" und "U-Kultur" machen immer weniger Bürger. Sowohl hoch- als auch breitenkulturelle Angebote würden von den meisten Befragten als "Steigerung des Wohn- und Freizeitwertes der Stadt oder Region" empfunden, heißt es in der Studie. Gewünscht ist offenkundig nicht die Abschaffung von subventionierter Hochkultur, wohl aber der Abbau von "Berührungsängsten der Kulturpolitik gegenüber massenkulturellen Angeboten", wie es in der Auswertung heißt. Durchaus überraschende Erkenntnis der Befragung: Die Vermutung, höher Gebildete würden sich vorrangig der "Hochkultur" zuwenden, während bildungsfernere Schichten die "Populärkultur" bevorzugen, entspricht nicht der Realität. Fakt ist: Sowohl in der Oper wie im Kino, im Museum wie beim Popkonzert sind die Besucher mit höherer Bildung weit überdurchschnittlich vertreten. Bürger mit niedrigerem Bildungsgrad meiden dagegen offenkundig oft jegliche Form von Kulturveranstaltungen, selbst die weniger "anspruchsvollen". Opaschowskis Fazit: "Bildung macht Kultur." Selbst Preisvergünstigungen und Nulltarife könnten "den notwendigen Ausgleich von Bildungsdefiziten nicht ersetzen". Zudem sei eine breite öffentliche Diskussion über die kulturelle "Grundversorgung" für alle Bürger notwendig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort