Kunstwerk und Zeitdokument

TRIER/DRESDEN. Mehr als vier Jahrzehnte hat Rudolf Mauersberger den berühmten Dresdener Kreuzchor geleitet. Sein "Dresdener Te Deum", das am Pfingstmontag in der Abteikirche St. Matthias erklingt, ist ein Dokument der Kriegs- und Nachkriegszeit. Passend zu den "GeDenktagen" des Europäischen Zentrums für Chorkultur.

Kunstwerke können Zeitzeugen sein. Das "Dresdener Te Deum" von Rudolf Mauersberger (1889-1971), das am Pfingstmontag (16. Mai) um 20 Uhr in der Trierer Abteikirche vom Spee-Chor und dem Philharmonischen Orchester Trier unter Martin Folz aufgeführt wird, ist solch ein Dokument. Sänger flohen in die Bundesrepublik

"Schon in den Jahren 1943 und 1944 kam durch die dauernde seelische Bedrängnis der Gedanke wieder auf, mir die schwere Bedrückung vom Herzen zu schreiben", schrieb der Dresdener Kreuzkantor später. Am "Te Deum" begann Mauersberger 1944. Er vollendete das Werk im Frühjahr 1945 unter dem Eindruck der Zerstörungen und des Elends in der Endphase des Krieges. Rudolf Mauersberger, der durch zwei kirchenfeindliche Diktaturen hindurch an der Kirchenmusik festhielt und seinen Dresdener Kreuzchor zu einem Spitzenensemble mit internationalem Renommee formte, war kein Widerstandskämpfer. Er hat sich notgedrungen mit den Mächtigen aus Nazi- und DDR-Zeit arrangiert, hat schlimme Dinge wie die Bespitzelung von Chormitgliedern nicht verhindern können und musste zusehen, wie im Jahr 1968 vier seiner besten Sänger auf einer Österreich- und Schweiz-Tournee in die Bundesrepublik flohen. Aber Mauersberger blieb der Kirche und ihrer Musik treu, auch zu Zeiten, in denen Kirche nicht viel galt. Die Kompositionen, die der Kreuzkantor schrieb, haben neben ihrer künstlerischen Bedeutung großenteils auch Dokumentarcharakter. Die Motette "Wie liegt die Stadt so wüst", die nach der Zerstörung Dresdens entstand, das "Dresdener Requiem" und das "Dresdener Te Deum", spiegeln die Bedrückungen der Kriegszeit und enthalten stellenweise geradezu prophetische Warnungen. Aber auch im nachdrücklich optimistischen Tonfall der "Geistlichen Sommermusik" von 1948 klingt die Not der Nachkriegszeit in der sowjetisch besetzten Zone mit. Das "Dresdener Te Deum" verbindet den traditionellen Lobgesang des Ambrosius (geboren 340 in Trier) mit Psalmvertonungen, deren Texte zeitgeschichtliche Anspielungen enthalten. Das Werk ist für drei Chöre, großes Orchester und Orgel gesetzt. Aber trotz der großen Besetzung bleibt der liturgische Charakter der Komposition erhalten, die Musik bleibt sangbar und transparent und das Orchester ergeht sich nicht in Klangmalerei, sondern orientiert sich am Chor. Dirigent Martin Folz wird diese Komposition mit Anton Bruckners Messe in e-Moll verzahnen. Dieses liturgische Miteinander ist kein künstlerische Willkürakt. Mauersbergers Komposition ist in hohem Maße von der Gottesdienst-Liturgie geprägt, und für den Kreuzkantor war Anton Bruckner ein wichtiges Vorbild. So verbinden sich in diesem Konzert zwei innerlich verwandte Kompositionen zu einer Einheit. Weitere Veranstaltungen der GeDenktage: 13. Mai, 19.30 Uhr, Aula des Priesterseminars: Konzert "Friedensnetz" mit Jugendchören aus Arlon und Trier, 14. Mai, 20 Uhr, kleiner Saal Tufa: Nacht der Liedermacher. Vorverkauf in den Trierer Musikhäusern Kessler und Reisser, in der Drogerie Jacobi Trier sowie im Mattheiser Klosterladen.

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