Lichter lodern, Klänge rauschen

TRIER. Elektronik-Pionier Peter Mergener hat die "mystische Nacht" in den Kaiserthermen aus Licht und Klang installiert. Diese Melange aus Farbe und Musik wabert bei der vom Trierischen Volksfreund präsentierten Aktion "Brot und Spiele" durch hohle Gassen und enge Flure. Eine Erfahrung aus Magie und Vergangenheit.

Auf der Treppe kommt der Gedanke: Ist das unheimlich? Diese feuerroten Nischen. Die Kerzenlandschaft mit der brennenden Schale. Die ferne Weise, antiquiert, voller Rätsel. Die Lichtflecken auf dem Staub. Erfahrbar und sinnlich - das ist die "mystische Nacht" vor allem. Peter Mergener hat sie komponiert. Der Mann, der vor zwei Jahrzehnten begonnen hat, mit Steckverbindungen und mäßiger Technik elektronische Klänge als einer der ersten in Deutschland zu produzieren, ist heute in den Mulden und Fugen der römischen Thermen angelangt. Es brodelt, knistert und lodert im alten Gemäuer

Bereits zum zweiten Mal hat er, der Pionier elektronischer Musik in der Gruppe "Software", seine Idee einer begehbaren Installation an dieser historischen Stelle verwirklicht. Als nächtlicher Abschluss der Römer-Aktion "Brot und Spiele" funktioniert die Farb-Ton-Melange als Empirie von Wahrnehmung. Das Licht, das durch die Gänge flutet und Flecken hinterlässt, schaut wundervoll und irgendwie heilig aus. Der erste Schritt um die alte Ecke - und ein schrilles Lila sticht ins Auge. Rot folgt. Blau außerdem. Gelb. Und flackerndes Grün. Dazu die Töne: Es brodelt, knistert, lodert. Zwitschern hier etwa Vögel? Mal scheint ein Tropfen den Stein zu höhlen, dann plätschert eine Quelle im Dunkel. Da ist ein Gitter und dahinter eine Melodie - klerikal die Stimme, Zauber im Akkord. Dazu das Ambiente: hohe Mauern, Gewölbe, Torbögen. Ein römischer Ort, der versunken ist in der Unterwelt, der feuchte Kühle liefert und scharfe Ecken und Kanten, aus denen Rauch qualmen darf und Lieder klingen. So bieten die Ruinen einen akustischen Ort, in dem sich dank des Charmes aus Vergangenheit und Fragment eine Atmosphäre voller Leidenschaft auftut. Hier gibt es Klagen, Gefühle der Trauer und der Stille überraschen in manchem Moment. Besonders das Geheimnisvolle, das Schummrige, ja gerade das Mystische lauert auf den Pfaden. Wie im vergangenen Jahr berührt besonders ein langer, enger Flur mit riesigen Wänden und bröckelndem Gemäuer das Gemüt: Ein Bündel Magenta-Rot fällt zur Erde. Am anderen Ende taucht man in sattes Violett. Hinter jedem Bogen starren Lichtwaben, warten aber auch Worte in lateinischer Sprache, klirren Schwerter, hört man die Tritte von Füßen in Sandalen. Im Vergleich zur ersten Installation hat sich in dieser Sache wenig getan. Klang und Farbe haben sich bewährt, die Akzente sind unverändert eindrucksvoll. Denn eine völlige Veränderung war gar nicht notwendig. Das Konzept eines Erfolgs muss nicht zwanghaft frisiert werden, wenn es wiederholt eingesetzt werden soll. Die Musik mag dennoch manchmal frischer sein. Teilweise tönt sie allerdings zu mittelalterlich, zu melodiös und gar zu poppig. Die römische Erinnerung, die "Brot und Spiele" wach rütteln wollen, mit Gladiatorenkämpfen, Tavernendorf, mit Zenturiohelmen und wallenden Tüchern, verlangen jene poetischen Effekte, die immer noch reichlich, in großer Vielfalt und Variation auch bei der Neuauflage der "mystischen Nacht" die Kaiserthermen berauschen. Wenn es draußen leise und schwarz geworden ist, entfalten drinnen die zahlreichen Farb- und Klangbereiche ihre ganze Magie: ein Staunen, das entzückt, imponiert und tatsächlich unheimlich ist.

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