Lieder von Leidenschaft und Liebestaumel

TRIER. Jetzt, hier, immer: Die Sänger Laith Al-Deen und, einen Abend später, Ezio begei-stern mehr als tausend Konzertbesucher beim Open-Air in den Kaiserthermen.

Zwischen seliger Leidenschaft, aufbrausender Hingabe und überbordendem Liebestaumel entfaltet sich seine Stimme. Zum Lobpreis schwillt sie an, beschwört sich doch ein unsichtbares Gegenüber: "Denn alles an dir macht mich so leicht, weil du mich überall erreichst, weil du mich siehst und mir vergibst und so unbeschreiblich liebst!" So entflammt der Sänger sein Publikum ganz stimmgewaltig. Laith Al-Deen, 1972 in Karlsruhe geboren, Sohn irakisch-deutscher Eltern. Ein Popstar, der diesen Titel gerne trägt, der deutsche Texte singt, Lieder, die Gefühle vertonen und den Geschmack der Menschen treffen. Groß ist deshalb die Begeisterung in Trier. Beim Kaiserthermen Open-Air tritt Laith Al-Deen vor 1100 Zuschauern auf. Die antike Kulisse hat es ihm angetan - "dieser Ort ist wirklich wunderschön." Gar nicht lange ist es her, dass er von Konzerten in solch einem Rahmen, von Erfolg in den Charts und vielen verkauften Singles nur träumen konnte. Frühe, zahlreiche, oft gescheiterte musikalische Gehversuche säumen seinen Lebenslauf. Unzählige Male ist er mit Cover-Bands aufgetreten und hat Demo-Kassetten an die großen Platten-Firmen gesandt. Das war Ende der 90er Jahre. Beharrlich verfolgte er aber sein Ziel, schloss Kontakte, lernte Produzenten kennen. 1998 fand er sich in den Offenbacher "Schallblau"-Studios wieder, wo gerade das erste Album der Gruppe "Vega" aufgenommen wurde. Dafür sang er einen Song - und durfte an deren Tourneen teilnehmen, als Gast von Xavier Naidoo. Zwar wurde aus "Vega" nichts, aber aus Laith Al-Deen umso mehr. Sony Music wurde aufmerksam. Gemeinsam mit dem "Schallblau"-Team hatte man die Idee zu einer neuen Single, zu einer deutschsprachigen Version von Stevie Be-Zets "Everlasting Pictures". Laith Al-Deen machte daraus "Bilder von Dir" und schaffte den Durchbruch.Eine Stimme, wuchtig und zart zugleich

Seine Stimme ist nach wie vor sein Markenzeichen: der volle Klang, mit der er ein Lied zu färben vermag; die Fähigkeit, wuchtig und zart zugleich diese Färbung auszuführen. Das Publikum in Trier ist davon hellauf begeistert. Laith Al-Deen wird zwischen den römischen Mauern stürmisch gefeiert. Das packt nicht nur ihn selbst, sondern die gesamte Band. Keyboarder Tobias Reiss, Schlagzeuger Tommy Baldu, Gitarrist Ole Rausch und Bassist Frieder Gottwald zeigen sich beeindruckt. Einige Male versammeln sie sich am Bühnenrand - und jubeln. Laith Al-Deen bedankt sich auf seine Art. Er steht zwischen den Musikern und singt: "Ich hab zu danken, denn ohne euch geht es nicht, nein ohne euch geht es nicht." Einen Tag später am selben Ort: Ezio Lunedei und Mark "Booga" Fowell reißen tausend Zuschauer mit. Die Läufe drängen, bezwecken einen Springtanz. Ist das noch Rock‘n Roll? Gar keine Frage. Kraftvoll wird hier das Instrument bespielt. Keine Spur von elektronischen Effekten, von Samples oder Loops. Da werden akustische Gitarren bedient - von Rock‘n‘Roll-Musikern. Das Instrument steht ganz im Mittelpunkt. Es spielt die Hauptrolle bei einem "Ezio"-Konzert. Mark "Booga" Fowell und Ezio Lunedei besinnen sich auf handgemachte Musik. Und sind gerade dadurch sehr beliebt - besonders in der Region Trier. In den vergangenen Jahren ist "Ezio" dort regelmäßig aufgetreten. Jedes Mal kann sich diese Gruppe großen Zuspruchs erfreuen. Auch in diesem Jahr beim Kaiserthermen Open-Air. Tausend Besucher sind gekommen, um "Ezio" zu erleben. Die schwärmen auf der Bühne von diesem "einzigartigen Ort": "Es ist kein Geheimnis, dass unser Auftritt in den Kaiserthermen für uns der schön-ste im vergangenen Jahr war. Wir werden in Trier immer großartig empfangen. Wir konnten es gar nicht erwarten, nochmals dort aufzutreten." Als Ezio Lunedei vor kurzem die Wurzeln seiner Familie bis in die römische Zeit zurück verfolgte, konnte er außerdem feststellen, dass einer seiner Vorfahren als Legionär tatsächlich in Trier stationiert war. Ideale Bedingungen also für ein weiteres gelungenes Konzert. Auf der Bühne in den Kaiserthermen beweist Ezio Lunedei diesmal denn auch wieder italienisches Temperament. Der Ein-Meter-Siebzig-Mann singt am liebsten von Liebe und Sehnsucht. Neben ihm überragt ihn Booga Fowell, ein Halb-Kenianer und Zwei-Meter-Koloss, um fast eine Kopflänge.Filigrane Melodien aus dem Bauch heraus

Doch so unterschiedlich beide ausschauen, so einträchtig ergänzen sie sich im Spiel. Filigrane Harmonien, "aus dem Bauch heraus" gespielt, auch eindringliche Songs, energisch und mitreißend, umfasst ihr Repertoire. Umfangreiche Konzert-Praxis haben sie zu bieten. Seitdem sich Booga und Ezio 1990 im englischen Cambridge kennen lernten, gaben sie von Anfang an Hunderte Konzerte pro Jahr. Schnell zeigten sich Plattenfirmen interessiert. Arista/BMG nahm sie schließlich unter Vertrag und ermöglichte 1994 das Debüt "Black Boots on Latin Feet", das Rupert Hine produzierte, der bereits Tina Turner betreut hat. Gemeinsam mit Paul Young, "Les Négresses Vertes" und "Big Country" ging "Ezio" später auf Tournee. Nach Großbritannien kam auch der internationale Erfolg, zum Beispiel in Südafrika - und in Deutschland. Hier wächst die Fangemeinde besonders schnell. Gerade auch in und um Trier. Dort zeigen sich Ezio und Booga samt Band in bester Stimmung. Sie präsentieren ihr aktuelles Album "The Making of Mr. Spoons" und das Beste aus den Vorgänger-Produktionen. Dabei vertont Boogas Gitarrenspiel die Texte seines Partners ein ums andere Mal ganz eindrucksvoll, voller Wehmut, jeweils passend zum entsprechenden Gefühl. Kein Wunder dass in den Kaiserthermen die Zuschauer lauthals mitsingen. Manche liegen sich in den Armen. Viele haben ihre Kinder mitgebracht, denen diese Musik ebenfalls erstaunlich gut gefällt. Nun wird nochmals das Tempo beschleunigt. Viele tanzen ausgelassen. Die Läufe werden schneller, überschlagen sich fast. Das Instrument steht wieder ganz im Mittelpunkt. Im Vorprogramm war Justin Sullivan, legendärer Sänger der Band "New Model Army", aufgetreten. Bereits er war mit seiner Gitarre über die Thermen gefegt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort