MENSCHEN

Was mach' ich denn jetzt? Normalerweise dient diese Mensch-Kolumne dem Zweck, die von ihr behandelten Größen des öffentlichen Lebens mit mildem Spott zu übergießen. Aber Sie finde ich einfach nur gut.

Das hat schon vor zehn Jahren angefangen. Da gab es im Dritten ein Medien-Magazin namens "Parlazzo", dessen junge Moderatorin frech und mit angemessener Respektlosigkeit den Medienbetrieb durchleuchtete. Das ging weiter mit der Sportschau, wo Sie nicht, wie Ihre männlichen Kollegen, durch Attitüde, sondern einfach nur durch Kompetenz auf sich aufmerksam machten. Und das fand seinen Höhepunkt in den Tagesthemen, wo Sie - wie dermaleinst der unübertroffene Hans-Joachim Friedrichs - mit einer winzigen Bewegung der Augenbrauen Kommentare abgeben konnten, die das verbale Herumgeeiere der amtlichen Ausgewogenheits-Kommentatoren von BR bis NDR um Welten übertrafen. Nicht zu vergessen die Interviews, mit denen Sie selbst abgezockte Medienprofis wie Altkanzler Schröder bisweilen buchstäblich zum Schwitzen brachten. Nun also "Christiansen". Ein bisschen Sorgen mache ich mir da schon um Sie. Ihre liebsten Stilmittel - Pfiffigkeit und Ironie - sind dieser Sendung bislang so fremd wie der Alkohol dem Islamisten. Vielleicht können Sie ja noch darauf hoffen, dass Ihr Publikum sowas versteht. Aber die Gäste? Das wird ganz bestimmt kein leichter Job. Als damals Anke Engelke den Sendeplatz von Harald Schmitt übernahm, kreisten auch an allen Ecken und Enden die Geier und warteten auf Beute. Bei exponierten Fernseh-Institutionen gibt es eben nur "Hosianna" oder "Kreuzigt sie", und der Raum dazwischen ist nicht größer als eine Bildzeitung dick. Da werden Sie ganz schön auf sich aufpassen müssen. Aber wo Risiko draufsteht, stecken auch Chancen drin. Zeigen Sie's den Labertaschen und Selbstdarstellern, suchen Sie frische, spannende Köpfe, schaffen Sie Klarheit statt Nebelkerzen. Dann klappt's garantiert auch mit der Quote. Dieter Lintz

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