Manchmal "Jazzdomina" sein

TRIER/BERLIN. Jazzmusik ist im Trend. In der deutschen Musikszene entstehen immer mehr Bands und Projekte. Die Berliner Sängerin Lyambiko veröffentlicht inzwischen ihr fünftes Album "Inner sense" und wird am 25. März im Forum in Trier auftreten. Der TV sprach mit der Sängerin.

 Lyambiko sang im Frühjahr 2006 vor ausverkauftem Haus in der Trierer Tuchfabrik. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Lyambiko sang im Frühjahr 2006 vor ausverkauftem Haus in der Trierer Tuchfabrik. TV-Foto: Hans-Peter Linz

Manche Künstler sind von Kind auf musikalisch, manche sind Spätzünder. Wann und wie kamen Sie zum Jazz? Lyambiko: Ich bin spät dazu gekommen. Bin vor acht Jahren nach Berlin gegangen. Tagsüber lief in den Cafes oft Jazz oder Klassik. Da hörte ich eine Nina-Simone-CD und wurde süchtig nach Vocal Jazz. So was öffnet den Horizont, denn die Stimme ist das Medium. Als Kind habe ich Louis Armstrong gehört. Das hat mich aber damals weniger inspiriert. So fand ich eine späte Liebe zum Jazz. Wie lief Ihre Ausbildung? Lyambiko: Ich habe als Kind Klarinette und Saxofon gelernt. War damals aber nie auf einen Stil festgelegt. Ich lasse mich auch nicht gerne als Jazz-Musikerin einordnen, denn Musik ist frei. Musik darf keine Grenzen haben. Ihre Band wirkt auf der Bühne sehr eingespielt und kollegial. Ist das auf privater Ebene auch so? Wir sind nicht nur Musiker-Kollegen., sondern auch eine Gemeinschaft. Wir haben freundschaftlichen Kontakt und spielen sehr oft in derselben Besetzung. Auf Ihrer dritten CD singen Sie erstmals selbst geschriebene Stücke. Wie fühlen Sie sich als Songwriter? Lyambiko: Es war superschwer, mit meinen Stücken zu meinen Kollegen zu gehen und zu sagen: "Das spielen wir jetzt." Das war wie durch eiskaltes Wasser waten. Wenn die CD mit den neuen Stücken erscheint, ist das meine persönliche Feuerprobe. Ich bin sehr aufgeregt, aber auch sehr stolz darauf. Es gibt nichts natürlicheres, als eigene Songs zu spielen. Ihr Song "Inner Sense" handelt davon, wie man das manchmal "böse" Leben kennen lernt und seine Unschuld verliert... Lyambiko: Ja, "Inner Sense" ist sehr autobiografisch. Es beschreibt, was unsere Band im letzten Jahr erlebt hat. Sie kommen am 25. März zum dritten Mal nach Trier. Welche Erfahrungen haben Sie hier gesammelt. Wie fühlt sich das Trierer Publikum an?Lyambiko: An das Konzert in der Tufa im letzten Jahr kann ich mich noch sehr gut erinnern. Ich habe mich sehr wohl gefühlt. Das Publikum war sehr nett. Wie bereiten Sie sich auf ein Konzert vor? Lyambiko: Ich brauche absolute Ruhe. Ich kann es nicht leiden, wenn dann Leute herumlaufen. Leider sind Eiscreme und Milchcafé tabu, weil die Milch nicht gut für die Stimme ist. Wie schätzen sie den Stellenwert des Jazz in Deutschland ein? Lyambiko: Ich glaube, es ist ein Erwachen aus der Starre im deutschen Jazz zu beobachten. Und das ist gut. Früher haben die Leute gefragt, ob Jazz tot ist. Wir haben auch mit Standards angefangen, mit den Klassikern der 50er Jahre. Aber im letzten Jahrzehnt hat sich sehr viel getan. Viele neue, junge Bands und Projekte haben sich entwickelt. Es gibt keine "Jazzpolizei" mehr, die pop- oder rock-orientierte Jazzmusik verbietet. Die Leute trauen sich, die Grenzen zu überschreiten und bringen mehr Originalität rüber. Welche Vorbilder haben Sie? Lyambiko: Ich fühle mich sehr mit Nina Simone verbunden, die ihre Band sehr straff führt. Oft werden Frauen in der Musikbranche nicht ernst genommen. Man muss manchmal ein bisschen Jazzdomina sein, um die Band zusammenzuhalten. Manchmal muss man eben zeigen, wo der Hammer hängt, um sich als Frau Gehör zu verschaffen. Aber trotzdem geht es bei uns sehr demokratisch zu. Was möchten Sie mit ihrer Musik erreichen? Lyambiko: Ich will den Menschen zeigen, dass es wichtig ist, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und Teil am Leben anderer zu haben, wie den Arbeitskollegen oder den Nachbarn. Man soll seine Mitmenschen ernst nehmen. Mein Vater ist Tansanier und hat eine Organisation gegründet, die Frauen und Mädchen vor Beschneidung schützen soll. Ich würde gerne mehr dafür tun und plane, vielleicht einen Song zu dem Thema zu machen. * Das Gespräch führte unser Redakteur Hans-Peter Linz Lyambiko ist am 25. März, 20 Uhr, im Forum in Trier. Tickets gibt es in den Service-Centern des TV in Bitburg, Wittlich, Trier, unter der TV-Tickethotline 0651-7199-996 und online unter www.volksfreund.de

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