Medikamente für die Masse: Die Ärzte auf Auslands-Visite

Seit einem halben Jahr ausverkauft: Die Ärzte haben in der Rockhal Esch gemeinsam mit 6500 Zuschauern ein "Jäzzfest" gefeiert. Mit allem Drum und Dran - außer Jazz, versteht sich.

Esch/Alzette. (AF) Klar sein und eindeutig formulieren - das ist eine gute Idee, auch schwitzend und schreiend beim Rockkonzert. Beispiel: Aus der vorderen Reihe ruft ein Luxemburger hoch zur Bühne: "Geschwisterliebe ist bei uns legal." Soll heißen: Das gleichnamige Ärzte-Stück, das in Deutschland wegen der Inzest-Thematik nicht von der Band live gesungen werden darf, stehe in Luxemburg nicht auf dem Index. Ärzte-Sänger Farin Urlaub fasst den Zwischenruf anders auf: "Bei euch ist Geschwisterliebe erlaubt? Ach, das erklärt so manchen von euch im Publikum." So sind sie, die Ärzte. Nicht immer aalglatt politisch korrekt, nicht immer nur lieb und brav zum Publikum. Aber wenn das eine Band darf, dann die Ärzte, die Weltmeister der Selbstironie.Kaum eine deutsche Band in Deutschland verbindet so sehr wie die Berliner. Zum einen musikalisch - Pop trifft Punk, Rock, Metal und Funk (bei "Pflegeleicht"). Jazz gibt es auf der "Jäzzfest"-Tour auch, allerdings nur zum Lesen: "Achtung, Jazz!", warnt die Schrift auf dem Bühnen-Vorhang vor Konzertbeginn. Die Ärzte kitten die Jahrzehnte aneinander. Die Konzerte werden zu Familienfesten, auch ohne Verwandtschaft vor Ort. Sechstklässler, Studenten, Mittvierziger - da ist alles vertreten. Nur bei den Wunschtiteln gibt es bisweilen andere Prioriäten: Nach über einem Vierteljahrhundert Bandgeschichte ist der Fundus immens. Die Ärzte sind mehr oder weniger durchgängig unterwegs, seit sie im November in Trier die "Es wird eng"-Tour begonnen haben. Was sich seitdem verändert hat? Kurz sind Ärzte-Konzerte nie. Das Konzert in Trier dauerte knapp drei Stunden, das in der Rockhal war kaum kürzer.

Der Start in Trier war zum Tourbeginn naturgemäß weniger routiniert, dafür mit nettem Experimentier-Charme. Und das Programm? Farin, Bela und Rod spielen derzeit fast das komplette neue Album "Jäzz ist anders". In Trier gab es einige Stücke mehr aus den 80ern zu hören - da war die Setlist noch eine Spur runder. Was die Stimmung betrifft, gab es dagegen auch in Esch nichts zu meckern: Bei "Unrockbar" funktioniert etwa die "Sitz-La-Ola" ganz ordentlich, mit Hinsetzen und Aufspringen, sobald der Refrain kommt. Bela B. fühlt sich so wohl, dass er gar einen Umzug nach Luxemburg in Erwägung zieht. Gemeinsam mit seiner Schwester, wie er sagt. Ach so.

Die Ärzte spielen erneut in der Region - am 13. August am Stausee Losheim (Open Air). Karten gibt es in den TV-Presse-Centern Trier, Bitburg und Wittlich, unter der TV-Tickethotline 0651/7199-996 sowie unter www.volksfreund.de/tickets

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