Mehr als eine Personalentscheidung

Es ist keine leichte Entscheidung, die da auf Trier zukommt. Auf der einen Seite liegt in der Waagschale die unbestritten hochwertige künstlerische Leistung eines Dirigenten, dessen Arbeit von vielen sachkundigen Besuchern des Trierer Theaters sehr geschätzt wird.

Auf der anderen Seite steht der nachvollziehbare Wunsch des Orchesters nach frischem Wind und Aufbruchstimmung. Ob da noch etwas zu kitten ist, muss sich herausstellen. Eine Ehe, in der man sich stumm auseinandergelebt hat, ist manchmal schwieriger zu erhalten als eine Beziehung, in der es lautstark kracht, wo aber noch Emotionen im Spiel sind. Es spricht für die Professionalität und den guten Willen auf beiden Seiten, dass man trotz dieser Konstellation stets eine respektable künstlerische Leistung abgeliefert hat. Wie immer die Entscheidung ausfällt: Sie muss in absehbarer Zeit fallen. Soll Dénes bleiben, würde ihn ein rechtzeitiges klares Signal der Stadt vor Beschädigungen bewahren. Will man den Wechsel, dann ist jeder Monat kostbar. Beim Intendanten beispielsweise dauerte allein die Ausschreibung länger als ein Jahr, und gute Kandidaten sind nicht zum nächsten Ersten frei, sondern brauchen nach der Entscheidung oft ein weiteres Jahr, um aus bestehenden Verträgen herauszukommen. Es wäre mithin nötig, die GMD-Frage nicht durch Zuwarten oder gar Verfristung zu entscheiden, sondern zügig eine Diskussion über den künftigen Weg des Theaters zu führen. Denn es geht nicht nur um die Entscheidung "Dénes oder ein Neuer", es hängt viel mehr dran. Der Vertrag von Intendant Gerhard Weber endet Mitte 2009. Will man langfristig weiter mit ihm zusammenarbeiten - und dafür spricht angesichts der sichtbaren Erfolge beim Zugehen auf ein neues Publikum eine ganze Menge - dann braucht man einen GMD, der Webers Schwächen im Bereich des Musiktheaters abfedert, etwa indem er, wie an vielen anderen Häusern üblich, als eigenständiger Operndirektor mit entsprechenden Kompetenzen fungiert. Damit würde die Stelle erheblich aufgewertet, was die Attraktivität erhöht - und damit auch die Auswahl potenzieller Bewerber. Aber auch Dénes stünde der Erweiterung seiner Aufgabengebiete ja positiv gegenüber. Solche Struktur-Entscheidungen sind in der Trierer Kulturpolitik bislang meist hinter verschlossenen Türen diskutiert worden - wenn überhaupt. Mal sehen, ob der Geist der Transparenz und Beteiligung, den der künftige OB Jensen ins Rathaus bringen will, schon in vorauseilender Wirkung eine offene Debatte ermöglicht. d.lintz@volksfreund.de

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