Meisterhafte Oratorienkunst

In der Trierer Paulus-Kirche präsentierten Manfred May und sein Konzertchor, der Trierer Kinderchor, die Philharmoniker und ein namhaftes Solistenquartett das Oratorium "Paulus" von Felix Mendelssohn-Bartholdy.

Trier. Um es gleich vorweg zu sagen: Es war eine überaus beeindruckende Aufführung aus einem Guss, die die Zuhörer in der voll besetzten Kirche St. Paulus erlebten. Manfred May inspirierte seinen Konzertchor zum Besten, was man in der letzten Zeit von diesem Ensemble gehört hat. Wieder einmal zeigte sich, welch gutes Gespür May für das Zusammenstellen und für das Formen eines homogenen Quartetts von Gesangssolisten hat. Die Sopranistin Judith Németh, die Altistin Atala Schöck, der Tenor Helmut Wildhaber und vor allem der Bariton Franz Grundheber als Saulus und dann Paulus - man könnte geradezu von einer Idealbesetzung sprechen. Schade, dass Mendelssohn die Altistin so unterbeschäftigt hat, denn stimmlich war Atala Schöck auf dem gleichen hohen Niveau wie der Rest des Quartetts. Im Paulus erinnern einige Choräle an Bachs Passionen, andere Chorsätze eher an die großen Händel-Oratorien. Handschrift bleibt erkennbar

Aber überall bleibt Mendelssohns ureigene Handschrift unverkennbar. Es gibt Ernstes, Dramatisches und Lyrisch-Inniges, und alles wurde von May überzeugend heraus gearbeitet. Schon der Eingangschor "Herr, der du bist der Gott" bewies, wie erfolgreich man an sauberer Intonation sowie an guter Phrasierung und Textverständlichkeit gearbeitet hatte. Man hätte dem Chor hier und da etwas zurückhaltendere Blechbläser gewünscht. Judith Németh beeindruckte mit ihrem kraftvollen, ausdrucksstarken und differenzierten Sopran. Und Atala Schöck zeigte im einzigen Alt-Solostück ihre in allen Registern strahlende, glasklare Stimme. Beim Tenor Helmut Wildhaber klangen anfangs einige laute Passagen etwas forciert, aber das legte sich bald. Am beeindruckendsten gelang ihm wohl die Cavatine "Sei getreu bis in den Tod", bei der im Übrigen das Solo-Cello gambenartig brillierte. Was soll man bei einem Künstler vom Format Franz Grundhebers hervorheben? Wenige Tage vor der Opern-Gala im Theater zeigte er die ganze Bandbreite seines Könnens: Ausdrucksstärke, meisterliche Deklamation, rhythmische Präzision. Und das alles vorgetragen mit einer wunderbar in sich ruhenden Stimme. Höhepunkt war vielleicht die Arie "Gott, sei mir gnädig". Mit lang anhaltendem Applaus, zum Teil im Stehen, bedankte sich das Publikum für ein unvergessliches Konzerterlebnis.

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