Mensch…Franz Müntefering!

Dass alte Polit-Junkies wie Sie aber auch nie den richtigen Moment für ihren Abgang finden. Immer kleben sie an ihren Posten und taktieren so lange in der Gegend rum, bis ihre Nachfolger ihnen den Stuhl so deutlich sichtbar vor die Tür stellen, dass es einen Rückzug ohne Peinlichkeiten und Verletzungen nicht mehr geben kann.



Dabei wäre die Sache so einfach gewesen. Sie hatten ihren Ausstieg aus der großen Politik doch schon mit Anstand und aus honorigen Gründen bewerkstelligt und hätten sich samt neuer Lebensgefährtin in aller Ruhe vom Altenteil gelegentlich als weiser "elder statesman" und Polit-Rentner zu Wort melden können. Die 67 hatten Sie schließlich schon erreicht.

Aber nein. Da mussten Sie zurückkommen und Ihren Nach-Nachfolger Kurt Beck absäbeln, der doch nichts anderes getan hatte, als das zu versuchen, was den Sozis nach nun erfolgter Abstrafung jeder Politikwissenschaftsstudent im zweiten Semester in trauter Gemeinsamkeit mit seinem Professor rät: Den "Markenkern" der SPD, die soziale Gerechtigkeit, wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Für diese Aufgabe sind Sie nach Agenda, Hartz und Rentenalteranhebung leider nicht mehr die ideale Besetzung. Arnold Schwarzenegger würde man ja auch nicht für die Verfilmung des Lebens von Mahatma Gandhi verpflichten, selbst wenn er in seinem Herzen vielleicht ein ganz sanftmütiger Mensch ist.

Nun hätten Sie am Wahlabend wieder alle Chancen gehabt, nach der Selbsternennung Ihres Kollegen Steinmeier zum Oppositionsführer mit einem symbolischen Akt alle Sünden der Partei auf sich zu nehmen und Ihren Rückzug anzukündigen. Pustekuchen. Da gab's nur Durchhalteparolen und zum Schluss den schon von Verwirrung gekennzeichneten Appell an die Genossen, sich einen schönen Abend zu machen.

Seither werden Ihre Erklärungen immer konfuser. Erst hieß es, Sie stünden für den auch aus Ihrer Sicht nötigen Neuanfang zur Verfügung. Da hatten Sie Ihre Genossen aber gründlich missverstanden. Was die gemeint hatten, war, dass Sie den Neuanfang ermöglichen sollen, indem Sie nicht mehr zur Verfügung stehen.

Seither werden Sie auf Raten demontiert. Stündlich gibt es neue Personal-Vorschläge von links, von rechts, von Jusos, von Asos, die sich nur in einem ähneln: Der Name Müntefering ist nie drunter. Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis Sie diesem Spiel ein Ende machen.

Dieter Lintz

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