Mensch…Thomas Godoj

Herzlichen Glückwunsch. Nun sind Sie also Deutschlands Superstar. Na ja, wenn's schon so was geben muss, dann freut es mich, dass die Kids von heute wenigstens den einzigen halbwegs unverwechselbaren Typen gewählt haben.

Einen, der mit seinen C&A-Jeans-Klamotten und seinen linkischen Bewegungen auch irgendwo in der Fußgängerzone herumklampfen könnte. Einen, der nicht in die Schleiflack-Anzüge und Klon-Outfits hineinpasst. Einen, der die Stücke, die er singt, interpretiert, statt wie die Konkurrenz zu versuchen, andere zu kopieren. Mit einem Wort: jemanden, der durch Authentizität überzeugt.So ist DSDS eigentlich nicht angelegt. Gefragt sind Stromlinienförmigkeit, Flexibilität, Kompatibilität. Wer nicht ins Muster passt, gar als Individualist daherkommt, gilt als Freak. Und hat meistens keine Chance aufs Weiterkommen. Von daher ist übrigens DSDS mitnichten, wie von besorgten Volkserziehern moniert, eine Schule des Asozialen, im Gegenteil: Sie bereitet punktgenau auf die Realität vor. Nur dass das Casting im echten Leben Bewerbungsgespräch heißt, die Motto-Shows Assessment-Center, und die Jury Personalmanagement - manch kleinen Dieter Bohlen findet man da auch. Ihre Wahl, Thomas Godoj, ist da ein hoffnungsvolles Zeichen. Aber stecken Sie mal nicht zu viel Erwartung in die Angelegenheit. Die meisten Ihrer Vorgänger sind längst dem Vergessen anheim gefallen, warten auf Plattenverträge, die nie kommen, haben doch noch ihre Lehramts-Prüfung nachgeholt und sehen zu, dass sie "last minute" irgendwie in eine bürgerliche Existenz einbiegen. Das schnelle Geld haben ganz andere mit ihnen verdient. Es geht halt nicht so einfach, am Reißbrett einen Star zu basteln. Superstars hierzulande, das sind Grönemeyer, Lindenberg, die "Toten Hosen" oder die "Ärzte". Wenn die in jungen Jahren beim DSDS-Casting angetreten wären, hätte ihnen Dumpfbacke Bohlen mit Sicherheit "völlige Talentfreiheit" attestiert und sie hätten nicht mal den Recall gepackt. Aber die haben sich nicht verbiegen lassen und ihr Ding gemacht. Vielleicht packen Sie das auch. Ich würd's Ihnen gönnen. Dieter Lintz

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