Mensch... Berti Vogts!

Das ist aber auch eine Tragödie mit Ihnen. Der biblische Lazarus war ja förmlich ein Glückspilz gegenüber Ihren Leiden als Fußball-Trainer. In Leverkusen nach sieben Monaten gefeuert, in Kuwait noch während des laufenden Turniers geschasst.

In Schottland waren Sie kaum weg, da wurde die Mannschaft so richtig gut. Und nun Nigeria: Da klaut man Ihnen offenbar den Stuhl unterm Hintern, kaum dass Sie mal den Rücken drehen. Dabei habe man Ihnen "volles Vertrauen ausgesprochen", sagten Sie nach dem Debakel beim Afrika-Cup. Wahrscheinlich auf Kisuaheli, oder Yoruba. Und Sprachen waren ja nie so Ihr Talent. Vor allem die deutsche nicht. Wie sagten Sie damals so schön: "Ich glaube, dass der Tabellenerste jederzeit den Spitzenreiter schlagen kann". Ja, ja. Wahrscheinlich waren Ihre afrikanischen Spieler beim Versuch, diese Devise zu kapieren, so irritiert, dass sie keinen Ball mehr getroffen haben. Es könnte aber auch, wie überall, an der Presse gelegen haben. Die hat Sie schon in Deutschland verfolgt ("Wie Helmut Kohl", sagten Sie), dann am persischen Golf, rund ums Loch Ness und am Ende sogar am Niger. Lauter finstere Schreiberlinge, die über Ihre anständige deutsche Wertarbeit stänkerten. Aber wenn Sie mich fragen, ist Ihr ganzes Pech einfach eine Frage der mathematischen Bilanz. Sie haben nämlich alles Fußball-Glück Ihres Lebens auf einen Schlag verbraucht. Damals 1996, als Sie mit der Rumpelfüßler-Truppe Europameister wurden. Sie erinnern sich: Im Endspiel stolperte Bierhoff durch den Strafraum und dusselte dem tschechischen Torwart das "Golden Goal" durch die Finger - eine eigens für Sie eingeführte und dann gleich wieder abgeschaffte Regel. Das war Ihr ganzer Glücks-Pool. Jetzt ist nix mehr übrig. Aber trösten Sie sich: Ein Job als Assistenz-Trainer von Lothar Matthäus bei Wacker Wanne-Eickel ist sicher irgendwann drin. Dieter Lintz

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