Mensch... Fernando Alonso!

Über einen solchen Mitarbeiter wie Sie würde sich wohl jeder Chef freuen. Erst intrigieren Sie öffentlich gegen Ihren Kollegen, dann verraten Sie alle möglichen Betriebsgeheimnisse und dann ziehen Sie noch ungestraft über Ihre Chefetage her.

Vor einem deutschen Arbeitsgericht könnten Sie sich, wären Sie ein ganz normaler Angestellter, wohl Ihren Anwalt schenken, so chancenlos wären Sie. Erst ziehen Sie feuriger Torero sich in Ihr Motzstübchen zurück und sind sauer, dass so ein Jungspund wie Ihr Formel-1-Kollege Lewis Hamilton Ihnen davonfährt - aber dann kommt Ihnen die Idee, dass Sie Ihren Arbeitgeber mal schön unter Druck setzen könnten. Anfangs schießen Sie nur verbal gegen Ihr Team McLaren-Mercedes und Ihren Kollegen, dann behaken Sie sich auf der Strecke mit Hamilton - und als der Engländer (ausgerechnet auch noch der Ziehsohn vom Chef) sich immer noch nicht abhängen lässt, dann fahren Sie eben richtig scharfe Geschütze auf. Als Sie spitz bekommen, dass Ihr Auto nur deswegen schneller fährt als die rote Konkurrenz aus Maranello, weil einer der Techniker in James-Bond-Manier ein Sammelsurium von Interna von Ferrari stibitzt hat, kam Ihnen die leuchtende Idee: Ich - immerhin der zweifache Weltmeister - verpfeife meinen Chef, wenn der nicht endlich einsieht, dass dieser forsche Brite mal gehörig eingebremst gehört. Als Sie Ihrem Team Ihren Plan offenbarten, nahm man Sie wohl nicht ernst, denn urplötzlich bekam die Spionage-Affäre die Wendung, dass der Begünstigte - in diesem Fall Sie - plötzlich zum Kronzeugen der Anklage wurde. Endlich konnten Sie Ihren ganzen Frust rauslassen. Sie plauderten und plauderten und plauderten - solange bis Ihre Chefs, die anfangs einmal aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden waren, schließlich 100 Millionen Dollar Strafe zahlen mussten. Feiner Zug! Aber weil Sie so nett waren, drehte und wendete sich das Gericht solange, bis es die Fahrer - also auch Hamilton - freisprach von jeder Schuld und Ihnen Ihre Punkte ließ. Perfekt eingefädelt. Aber was sagen Ihre Chefs eigentlich zu Ihrem Verhalten? In der Öffentlichkeit eigentlich nichts, man windet sich und windet sich. Dabei merkt doch jeder Blinde, dass Sie eigentlich nur auf die vorzeitige Kündigung aus sind, um Mr. Hamilton zu entgehen und ihr spanisches Feuer in einem anderen Team zu versprühen. Björn Pazen

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