Mensch... Jürgen Klopp!

Sie müssen einfach ein Glückskind sein. Anderswo werden Trainer öffentlich gesteinigt, wenn sie den Aufstieg verpassen und dann auch noch ihren kleinen Stamm-Verein zugunsten eines protzigen Liga-Krösus verlassen.

Bei Ihnen kommen 20 000 heulende Fans zur Verabschiedung - dabei wurde gar kein Fußball gespielt. Das war bei Ihnen irgendwie schon immer so ungewöhnlich. Dreimal haben Sie dermaleinst mit Mainz die erste Liga verpasst, und von Mal zu Mal wurden Sie beliebter. Nach dem Abstieg wurden Sie gar zur Legende. Kaum gerüchtete es, dass Sie nach Dortmund wechseln, stieg die BVB-Aktie an der Börse von 1,40 auf 1,60 Euro. Mich wundert, dass nicht gleich Siemens oder die Deutsche Bahn Sie verpflichtet haben. Woran liegt Ihr schwer fassbares Charisma? Der Erfolg, wie bei Franz Beckenbauer, kann's jedenfalls schon mal nicht sein. Das Aussehen? Da gibt's im Fußball sicher laufsteg-kompatiblere Gestalten als jemand, der aussieht, als hätte es Harry Potter doch noch bis zur Verfilmung des 30. Romans geschafft. Vielleicht ist man es ja einfach nicht gewohnt, dass es in der Fußball-Szene Leute gibt, die ein paar zusammenhängende Gedanken nicht nur denken, sondern sogar noch in deutschsprachige Formulierungen gießen können. Vielleicht ist man auch dankbar, dass da einer jenseits der unsäglich gestanzten Worthülsen Klartext redet.Ich fürchte nur: Dass Sie all das durften, hat auch mit dem Mainzer Provinz-Bonus zu tun. Wenn der mal weg ist, also spätestens beim BVB Dortmund, wird jedes Wort plötzlich auf die Goldwaage gelegt - fragen Sie nur den anderen Rheinland-Pfälzer, den, der seit drei Jahren bei SPD Berlin spielt. Dieter Lintz

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