Mensch Sarah,

wann hat sich zuletzt jemand mit ganzen fünf gesungenen Worten derart an die Spitze der Schlagzeilen-Charts katapultiert wie Sie? Seit Tagen amüsiert sich ganz Deutschland über Ihren Fauxpas mit der Nationalhymne.

wann hat sich zuletzt jemand mit ganzen fünf gesungenen Worten derart an die Spitze der Schlagzeilen-Charts katapultiert wie Sie? Seit Tagen amüsiert sich ganz Deutschland über Ihren Fauxpas mit der Nationalhymne. Gut, es hat auch noch nicht all zu viele gegeben, die ihrem deutschen Vaterland gewünscht haben, es möge im Lichte seines Glanzes brühen. Schon gar nicht vor 66 000 Leuten im Stadion und ein paar Millionen an den Bildschirmen. Aber der verunglückte Umgang mit dem Deutschlandlied hat gerade in Fußballstadien eine nicht unbeachtliche Tradition. Wer erinnert sich nicht an die fatalen Folgen des Beckenbauer-Erlasses in den 80er Jahren, als die bis dahin ausgesprochen mundfaulen Nationalspieler vom frisch gebackenen Teamchef verdonnert wurden, die Hymne mitzusingen? Anhand der Fernseh-Nahaufnahmen ließ sich problemlos von zahlreichen Mündern die Zeile "Deutschland, Deutschland über alles" ablesen.Die internationale Presse reagierte ausgesprochen ungnädig, und seither läuft der Hymnen-Text sicherheitshalber auf der Anzeigetafel mit – für alle Nationalspieler, die des Lesens mächtig sind. Freilich soll der gute Loddar Maddäus seinem deutschen Vaterland immer "Heiterkeit und recht viel Freizeit" gewünscht haben, ohne den kleinen Irrtum jemals zu bemerken.Aber offenbar haben Sie in diesem roten Münchener Raumschiff so gestanden, dass Sie den Text einfach nicht sehen konnten, kurzsichtig, wie Sie sind. Dumm gelaufen. Immerhin haben Sie zwar die Worte vergeigt, aber wenigstens die Töne einigermaßen getroffen. Das hatten wir auch schon mal anders. Sie werden sich nicht dran erinnern, aber früher gab es mal ein Land, das hieß DDR. Und als dieser Laden vor 16 Jahren das Zeitliche segnete, da standen der Bundeskanzler Kohl und der Altbundeskanzler Brandt vor dem Schöneberger Rathaus in Berlin und grölten gemeinsam die Nationalhymne mit einer ähnlichen Noten-Trefferquote wie eine Handvoll betrunkener Eintracht-Fans morgens um halb drei in der Vereinskneipe Null-Fünf. Es hat ihnen trotzdem nicht im geringsten geschadet.Also: Trösten Sie sich, es wird Ihnen genau so gehen. Schließlich sind Sie das Idol einer Generation, für die "Holocaust" die neueste Britpop-Band, Hitler der Bruder von Kaiser Nero und Adenauer ein älterer Autotyp ist. Da schadet ein bisschen Brühen oder Blühen im Licht des Glanzes oder Glanz des Lichtes...oder Glückes... oder Pech... oder was auch immer... nicht im geringsten. Dieter Lintz

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