Menschliche Helden

Kommissare sind einsame Wölfe, die an nichts denken als an ihren Fall. Horst Schimanski kriegt privat nichts auf die Reihe, watet im Apartment durch leere Bierdosen, aber im Dienst dreht er voll auf. Schlägereien, Verfolgungsjagden - so lieben ihn die Zuschauer.

Ein Fahnder, der jeden Abend zur gutfrisierten Ehefrau und den beiden wohlgeratenen Kindern heimkehrt? Wie langweilig. Die "Tatort"-Autoren statten ihre Lieben mit unterschiedlichem Privatleben aus - genau wie im richtigen Leben: Lena Odenthal lebt mit Assistent Kopper und der Katze. Ehrlicher ist Witwer. Inga Lürsen ist allein erziehende Mutter. Die Singles Thiel und Boerne lieben sich wie Hund und Katze. Wunderbar! Bienzle und Palu sind liiert - aber irgendwie läuft da immer der gleiche Beziehungsfilm ab. Batic, Leitmayr, Ballauf und andere sind schon mal verliebt gewesen. Aber alle kehren wieder in den Schoß der Einsamkeit zurück, wie es sich in diesem Genre gehört: Idylle ist auf Dauer nicht spannend. Gerechtigkeitsliebe und Sehnsucht passen nicht zusammen. Sherlock Holmes, Hercule Poirot, Miss Marple, Martin Beck oder Kurt Wallander ... alle sind Einzelkämpfer auf ganzer Linie. Deshalb soll Ballauf immer im Hotel leben und Freddys Frau unsichtbar bleiben. Millionen Zuschauer wollen sie alleine haben. Die beiden sind die beliebtesten "Tatort"-Kommissare (siehe rechts). Sie haben viele Macken, sind witzig und brauchen manchmal mehrere Anläufe bis zum Ziel. Auf ihnen und den anderen menschlichen Helden beruht der Erfolg des "Tatorts" seit 600 Folgen und auch noch in den kommenden 600 Folgen. b.markwitan@volksfreund.de

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