Moonlight Mile

(tok) Die Krawatten werden festgezogen, die dunklen Sonnenbrillen aufgesetzt. Ein Konvoi schwarzer Limousinen fährt zur Kirche, hält aber nicht bei einer Hochzeitsgesellschaft, sondern am Friedhof. Die junge Diana wird beerdigt, das zufällige Opfer einer Kneipen-Schießerei. Die Eltern Ben (Dustin Hoffman) und Jojo (Susan Sarandon) sind am Boden zerstört, jeder flüchtet auf seine Weise: Sie in eine Pose des Sarkasmus, er in seine Arbeit. Und sie haben noch Joe (Jake Gyllenhaal) - der ist der Verlobte der Toten, wohnt mit im Haus und wird zu einer Art Ersatzkind; Ben macht ihn gar zu seinem Geschäftspartner. Was die Eltern nicht wissen: Joe und Diana hatten sich schon längst getrennt. Die Lage wird für ihn nicht leichter, als er sich in eine Frau verliebt, die ihrerseits unter einem Verlust zu leiden hat: Ihr Freund ist seit drei Jahren vermisst. Regisseur und Autor Brad Silbnerling ("Die Stadt der Engel") baut seinen dritten Film auf eigenen Erfahrungen auf - 1989 war seine Freundin ermordet worden. Bei diesem gut gespielten Film über Trauer, das Bewältigen von Verlust und das Erwachsenwerden wird er also gewusst haben, worüber er schreibt - in "Moonlight Mile" gibt es manche guten Ideen und treffende Beobachtungen. Doch der Film schadet sich, vor allem im letzten Drittel, durch den Hang zum tränenseligen Kitsch und den Zwang zu einem vergleichsweise glücklichen Ende, das angesichts dieses Schicksalsschlages verwundert. Der Film spielt im winterlichen Neuengland von 1973. Der Vietnamkrieg scheint in weiter Ferne zu sein, doch er ist nahe: Joe ist einer der wenigen jungen Männer im Film, und der Freund seiner neuen Liebe ist im Krieg vermisst. Der Film beginnt mit genauen Beobachtungen und schwarzem Humor. Doch dann wird er zunehmend konventionell, vor dem Ende baut er nochmal eine konstruierte Krise ein, um die Spannung zu schüren - und rutscht mit einer Gerichtsszene in den Kitsch. Das wäre etwa bei einem romantischen Melodram verzeihlich - aber bei einem Film, der sich um ungeheure Verluste, vor allem für Eltern, dreht, wirkt das banal. (Broadway Trier)

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