Moselanisches Märchen

TRIER. In diesen Tagen entsteht eine CD mit einem Liederzyklus, der sich mit Trier und der Mosel beschäftigt. Die Geschichte über das Zustandekommens dieses Werks mit dem Titel "Tal der Glocken" trägt geradezu märchenhafte Züge.

Die Handlung könnte problemlos einer fantasievollen Fernseh-Vorabendserie entstammen. Hauptfigur ist eine ältere Dame, die auch noch Jahrzehnte nach dem Wegzug aus ihrer Geburtsstadt an ihrer Heimat hängt. Sie, die nie eine Musikhochschule von innen gesehen hat, schreibt Gedichte über "ihre" Region und vertont sie eigenhändig.Einst Mundart-Lieder mit Cläre Prem

Das Paket mit dem Liederzyklus sendet sie an eine klassische Sängerin in ihrer Heimatstadt. Die hält das Ganze für eine Art von Stimmungsmusik und legt die Noten erst mal in die Ecke. Erst nach mehr als einem Jahr wirft sie beim Stöbern noch mal einen genaueren Blick auf das Material - und staunt über die Qualität und den Charakter der Kompositionen. Allerdings sind die Melodien nur "einfach so" aufgeschrieben, ohne gesetzte Noten für die Begleitung. So zieht die Sängerin den angesehensten Komponisten der Stadt zu Rate, und der findet Texte und Musik so außerordentlich, dass er für alle 14 Lieder die Klavier-Begleitung entwirft. Das Ergebnis ist so überzeugend, dass alle Beteiligten beschließen, den Zyklus öffentlich aufzuführen und eine CD zu produzieren. Die Geschichte ist kein Märchen, die handelnden Personen haben echte Namen. Der von Magda Rumpff ist in Trier gar nicht so unbekannt. Die heute 80-Jährige gab gemeinsam mit der Heimatdichterin Cläre Prem und dem Zeichner Heinrich Feld Anfang der 80er Jahre das legendäre "Trierer Mundart-Liederbuch" heraus. Zwecks Familiengründung hatte die damalige RWE-Angestellte 1951 ihre Heimatstadt verlassen und war nach Moers "ausgewandert". Doch der Mosel und dem Markusberg, der Mariensäule und dem Domstein blieb sie zeitlebens eng verbunden. "Wie ein Paradies", sagt sie noch heute. Immer wieder zog es sie zurück, zu privaten Besuchen bei ihren Schwestern, aber auch zu den Mundart-Abenden des Vereins Trierisch, zu Dichterlesungen und Liederabenden. Mitte der 80er begann sie, eigene Gedichte zu vertonen. Keine volkstümliche Mundart, eher Kunstlieder, angelehnt an die großen Zyklen eines Schubert oder Schumann. Weil sie als passionierte Chorsängerin mit Tönen umgehen konnte, war das "Finden" der Melodien kein Problem. "10, 15 Minuten pro Lied" habe das gedauert, erzählt sie. Schwieriger war das Niederschreiben. Auf der Gitarre habe sie "die Noten zusammengesucht", erzählt sie amüsiert. Im Laufe der Zeit kamen Texte von Cläre Prem, Matthias Minninger oder Theo Mülders hinzu. Das Prozedere dauerte viele Jahre, bedingt durch lange Unterbrechungen. Bis Mitte der 90er arbeitete Magda Rumpff an ihren Liedern, ohne zu wissen, ob sie sie je veröffentlichen würde - wohl aber nach eigenem Bekunden "felsenfest davon überzeugt, dass sie gut sind". Dass sich diese Einschätzung im Nachhinein bestätigt, ist für die 80-Jährige, die nebenbei noch im Moerser Schlosstheater als "Senioren-Schauspielerin" auftritt, eine große Freude. Zu ihrem Achtzigsten besuchten sie Sängerin Vera Ilieva und Komponist Heinz Heckmann daheim in Moers und spielten ihr einige der "fertigen" Werke vor. Es sei "ein sehr bewegender Moment" gewesen, erinnert sich Magda Rumpff gerührt. Inzwischen war sie auch in Trier, kurz vor Beginn der Aufnahmen für die CD, die im Frühjahr erscheinen soll und zu der sie einige selbst vorgetragene Gedichte beigesteuert hat.Komposition hat "großen Spaß" gemacht

Zwei Wochenenden haben Vera Ilieva, Heinz Heckmann und der Pianist und Organist Gottfried Sembdner bei Aufnahme-Sessionen im kleinen Konzertsaal der Firma Reisser Musik zugebracht, um die 15 Stücke für das "Tal der Glocken" aufzunehmen. Das Komponieren der Begleitung habe "großen Spaß" gemacht, schwärmt Heckmann. Vor allem das "Baden in der Tonalität" war dem ansonsten eher modernen Tönen zugeneigten Tonsetzer "regelrecht eine Wohltat". So könnten Trier und das Moseltal mit der romantischen Liedersammlung ein eigenes Kunstwerk erhalten, wie es bisher in vergleichbarer Form nicht existiert. Magda Rumpff kombiniert regionale Impressionen mit allgemeinen Stimmungsbildern. Wenn die CD fertig ist, soll der Zyklus in einem Konzert öffentlich vorgestellt werden. Dass Magda Rumpff dann, 80 Jahre hin oder her, dabei sein wird, ist für sie schlicht "selbstverständlich".

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