Motörhead in der Luxemburger Rockhal: Kurz, hart, grandios und infernalisch laut

Esch-sur-Alzette · Sie sind älter geworden, die Kräfte lassen nach. Aber dennoch sind Lemmy Kilmister (69) und seine zwei Jungs von Motörhead immer noch völlig verdient Ikonen des Hardrock. Das bewiesen sie vor 3600 Fans in der Rockhal.

 Ian „Lemmy“ Kilmister ist der Kopf, die Stimme und die Seele von Motörhead. An Heiligabend wird er 70 Jahre alt. TV-Foto: Jasmin Wagner

Ian „Lemmy“ Kilmister ist der Kopf, die Stimme und die Seele von Motörhead. An Heiligabend wird er 70 Jahre alt. TV-Foto: Jasmin Wagner

Foto: Jasmin Wagner (jwa) ("TV-Upload Wagner"

Es tut schon beinahe weh, ihn so zu sehen. Lemmy ist schmaler geworden. Geradezu klein wirkt der Hüne von einst, als er die Bühne der Rockhal betritt. Doch dieser Moment geht vorbei. Wie immer legt er den Kopf schräg in den Nacken, um das über ihm hängende Mikro zu erreichen. Wie immer sagt er. "We are Motörhead, and we play Rock\'n\'Roll." Die rasende Begeisterung der Fans bläst in den nächsten 60 Minuten jedes Anzeichen des Alters weg.

Lemmy wird an Heiligabend 70 Jahre alt. Er ist ein medizinisches und auch musikalisches Wunder. Von seiner Stimme, die schon seit 30 Jahren niemand mehr richtig versteht, sind nur noch Fragmente übrig. Aber wen stört das? Er röhrt seine Botschaften in die Menge, und diese feiert ihn allein dafür, dass er tatsächlich immer noch auf der Bühne steht.
Die meisten der Songs, die Motörhead in Luxemburg spielt, sind in den 70ern und 80ern entstanden, Texte und Riffs sind für immer in die Synapsen der Fans eingebrannt. Sie laufen automatisch im Hinterkopf mit, während Lemmy zusammen mit Phil "Wizzö" Campbell (Gitarre) und Mickey Dee (Drums) in der Rockhal ein kurzes und schnelles Set mit ewigen Hymnen wie "Ace of Spades" und "Overkill" herunterdrescht.

Obwohl Wizzö große Probleme mit der Technik hat und Lemmy streng genommen kaum noch zu hören ist, wirkt die alte Magie. Ein prägnanter Bassriff, das einsetzende Trommelfeuer des Schlagzeugs und alle Pegel erreichen den roten Bereich.

Motörheads Songs sind eine teuflisch geniale und alterslose Reduktion auf Tempo und Lärm, es gibt keine Posen und auch keine Pausen. Die Welt ist ein böser Ort, grollt Lemmy seinen Fans zu. Du musst kämpfen, immer wieder, immer bereit sein für Angriffe von hinten. Spiel dein Blatt und lass die Würfel rollen, auch wenn du am Ende verlieren wirst. Die wirbelnde Meute vor der Bühne antwortet ihm: Mann, es ist wirklich großartig, dass du noch da bist.

Motörhead steht 40 Jahre nach der Bandgründung jenseits von Kategorien wie gut oder schlecht. Ihre Auftritte sind heute die Quintessenz einer Idee, ein auf 60 Minuten komprimiertes Kunstwerk, das realistische Bewertungen der Qualität zur Nebensache macht. Wer noch die Chance hat, Lemmy live zu erleben, sollte sie unbedingt nutzen, denn bald könnte es keine mehr geben.

Obwohl - das glaubt man schon seit 30 Jahren, und er ist trotzdem immer noch da.

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