Mozart, Marx und Meistersinger

Wenige Tage vor Saisonbeginn wird im Theater Trier fieberhaft an dem anstehenden Premieren-Feuerwerk gearbeitet. Drei Neuproduktionen im großen Haus, drei Konzerte, ein mobiles Jugendstück, ein Karl-Marx-Projekt und das Theaterfest stehen innerhalb von nur sechs Wochen an.

Trier. Noch sieht man Intendant Gerhard Weber die Urlaubsbräune an, aber sonst läuft der Theater-Betrieb seit Anfang September wieder auf vollen Touren. Das ist auch nötig, denn der Spielzeit-Start ist traditionsgemäß gespickt mit neuen Produktionen.

Schon das Theaterfest am 20. September setzt nach etwas ruhigeren Jahren wieder Maßstäbe. Neben den beliebten Standards mit Spielen, Chorkonzert, Programm-Ausschnitten und Kostümversteigerung feiert nachmittags das neue Jugendstück "Der Kick" zum Thema Jugendgewalt im großen Haus Premiere.

Am Abend gönnt man sich einen Festakt und eine Gala zu zwei Geburtstagen: Das Orchester wird 90, und der Theaterbau am Augustinerhof 45 Jahre alt. Da kommen trotz des eher unrunden Jubiläums eigens Kulturministerin Doris Ahnen und der Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin, als Laudatoren - vielleicht mit dem Hintergedanken, dass man ja nicht weiß, wie lange es angesichts der kommunalen Finanzlage im Theater überhaupt noch etwas zu feiern gibt.

Für den festlichen Rahmen sorgen aber auch zwei musikalische Star-Gäste: Der Tenor Scott McAllister und die Sopranistin Jayne Casselmann singen Auszüge aus "Fidelio", die städtischen Philharmoniker intonieren zudem das Vorspiel zu den "Meistersingern " - beides allfällig, wenn ein deutsches Theater Jubiläen zelebriert.

Ruhe kehrt danach keineswegs ein. Am 26. September macht sich Mozarts Figaro auf, um seine geliebte Susanna zu ehelichen - im Gepäck zwei neue Ensemble-Baritone, auf die man gespannt sein darf.

Zwei Wochen später, am 10. Oktober, wird es so richtig deutsch in der Spielzeit, die unter dem Motto "Standortsuche Deutschland" steht. Faust I und II im Paket, 24 Stunden Goethe' scher Originalstoff in einer auf 200 Minuten gerafften Espresso-Version. Im Vorfeld sollen gleich zwei Theater-Cafés dem Publikum das ambitionierte Projekt erläutern.

Das Tanztheater steigt am 24. Oktober zu, passend zum Thema mit einem "Deutschen Tanzpalast". Vertanzt werden deutsche Schlager, die der Sänger Michael Kiessling so interpretiert, dass keine Verwechslungsgefahr mit der Hitparade besteht. Choreograph Lars Scheibner gibt sein Trier-Debüt, wie auch die Regisseure von Figaro (Benedikt Borrmann) und Faust (Matthias Gehrt) erstmals ihre Visitenkarte im Stadttheater abgeben.

Reichlich Neuanfang also auf der Bühne, bekannte Gesichter dagegen im Orchestergraben. Am 15. Oktober begrüßt Kapellmeister Valtteri Rauhalammi das Publikum zum Sinfoniekonzert, am 29. Oktober lädt GMD Victor Puhl zum Start der Reihe "Weltmusik" ein.

Die gebotenen Programme sind allerdings alles andere als Routine-Kost: Rauhalammi bietet neben Haydns "Oxford-Sinfonie" die "Finlandia" von Sibelius und vor allem dessen "Sinfonisches Gedicht Kullervo". Für den finnischen Abend des finnischen Dirigenten kommen Solisten und Chor aus Helsinki. Puhl stellt den genialen Film-Komponisten Michael Nyman ("Das Piano", "Der Kontrakt des Zeichners") vor.

Am spannendsten klingt freilich ein Vorhaben, das ab dem 25. Oktober endlich Triers berühmtesten Sohn Karl Marx in den Mittelpunkt des Interesses stellt. 150 Jahre nach dem Erscheinen seiner "Kritik der politischen Ökonomie" widmet sich das Projekt "Rendezvous nach Kassenschluss" dem großen Philosophen. Eine Gruppe von Schauspielern will ausprobieren, ob sich Utopien heute noch realisieren lassen. Spielort ist, ebenso beziehungsreich wie zur aktuellen Lage passend, eine Bank-Filliale.

Neben den vielen Neuproduktionen kommt auch Beliebtes wieder: Die sensationellen "Comedian Harmonists", der "Theatersport" in der Tufa, der "Kontrabass", die Studio-Kult-Komödien "Kunst" und "Wundervolles Zwischending" und die Wilhelm-Busch-Revue. Detail-Informationen: www.theater-trier.de

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