Mozart ohne Museum

TRIER. Neue Wege geht das Theater bei seiner jüngsten Produktion: Eine Mischform aus szenischer Lesung, konzertanter Oper und sinfonischer Musik wird aufgeboten, um Eric-Emmanuel Schmitts geniales Buch "Mein Leben mit Mozart" auf die Bühne zu bringen.

 Konzentrierte Probenarbeit: Gerhard Weber führt Regie bei "Mein Leben mit Mozart". Foto: Theater Trier

Konzentrierte Probenarbeit: Gerhard Weber führt Regie bei "Mein Leben mit Mozart". Foto: Theater Trier

Unter den vielen Elaboraten, die das Mozartjahr 2006 hervorgebracht hat, ist "Mein Leben mit Mozart" das mit Abstand bewegendste und erkenntnisreichste. Eric-Emmanuel Schmitt, einer der wichtigsten zeitgenössischen Autoren und Stückeschreiber, hat Momente seines Lebens festgehalten, in denen ihm die Musik Mozarts begegnete: Als Herausforderung, Trost, Hirnfutter, Lebensrettung, Erinnerungshilfe, Labsal. Es sind kleine Briefe, die stets mit der Anrede "Lieber Mozart" beginnen, wie Tagebuch-Eintragungen, die man für einen abwesenden Freund oder Partner schreibt. Manchmal nur ein einzelner, kurzer Gedanke. Dann wieder emotionale Ausbrüche, philosophische Gedankenflüge oder vergnügliche Sophistereien über die Mozart-Stücke, die genau so unterschiedlich sind wie die Lebens-Lagen, in denen Schmitt sie erlebt. Das Buch, vor Jahresfrist erschienen, enthielt praktischerweise eine CD mit den Stücken, von denen Schmitt in seinen Briefen erzählte. In Brüssel, wo er lebt, las der Franzose aus seinem Buch, kammermusikalisch begleitet. Aber auf die Idee, aus "Mein Leben mit Mozart" eine große szenische Lesung zu machen und den musikalischen Soundtrack mit komplettem Sinfonie-Orchester und gestandenen Opern-Solisten zu inszenieren, musste erst das Trierer Theater kommen. Intendant und Regisseur Gerhard Weber nennt seine szenische Einrichtung sogar offiziell "Schauspiel". Eine Riesen-Aufgabe für Peter Singer, der den Erzähler gibt. "Er trägt den Abend", sagt Weber, der derzeit in den Endproben steckt. Als Rahmen haben Weber und sein Chef-Dramaturg Peter Oppermann eine Art nächtliche Séance gewählt, ein Zwiegespräch zwischen Schmitt und Mozart. Für die ungewöhnliche Kombination bietet das Theater alles auf, was es hat. Christoph Jung dirigiert die in voller Besetzung antretenden städtischen Philharmoniker, Annette Johansson, Eva-Maria Günschmann, Evelyn Czesla, Eric Rieger und Andreas Scheel singen Arien aus "Figaro", "Zauberflöte" und "Cosi". Michael Corde, Petar Entchev und Christoph Jung spielen die Solo-Instrumente in Passagen aus Klarinetten-, Violin- und Klavierkonzerten. Die spartenübergreifende Arbeit mache "Riesenspaß", er habe sich damit "einen Traum erfüllt", sagt Gerhard Weber. Und er verlässt sich offenkundig darauf, dass das Trierer Publikum ihn mitträumt. Denn die aufwändige Produktion läuft nur im freien Verkauf, ohne die Absicherung im Theater-Abo. Premiere: Sonntag, 26. November, 19.30 Uhr. Karten: 0651/7181818.

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