Musik am Wasser

TRIER. (er) "Musik wird störend oft empfunden" - beim Projekt "Toninsel" der Trierer Tonwerke störten dagegen viele Nebengeräusche den Zauber des poetischen Musikvorhabens.

Lautlos legt sich die Nacht über den Fluss. Ein Nachen gleitet vorüber. Die Laterne an seiner Spitze weist ihm den Weg. Später wird nur noch das Licht vorbei schweben. Bisweilen schlägt eine Welle an die Steine der Uferböschung. Eine Stimme steigt aus der Niederung der Moselauen auf. Etwas Blechernes scheppert. Eine Trompete schrillt. Schlagwerk dröhnt. Später bellt eine Posaune. Ein Cello klagt. Ein blaues Licht irrt durch die Nacht. In einen Sommernachtstraum, den weiße Windlichter säumen, hat sich das Moselufer verwandelt. Überall auf der Wiese haben sich Zuhörer niedergelassen. In der zunehmenden Dunkelheit verblassen ihre Gestalten zu schwarzen Schatten.Tonwerke pflegen experimentelle Musik

Dichtung müsse "Alldichtung" sein, die das ganze Leben und die Natur umfasse, haben einst die Romantiker gefordert. Daran müssen die Tondichter der "Toninsel" gedacht haben , als sie am Freitagabend mit ihrem Projekt das abendliche Moselufer und die gegenüberliegende "Pferde-Insel" besetzten.Im Mittelpunkt der Tondichtung standen der Fluss und seine Landschaft. Orchestriertwurde das Ganze - wie das bei einem Projekt der Gruppe "Tonwerke" nicht anders zu erwarten ist, von "industriellen Metallrudimenten", die mit traditionellen Orchester-Instrumenten wie Cello und Bratsche zusammen spielten. Zu den 13 Instrumentalisten gesellten sich Sänger und ein Sprecher. Die Trierer Tonwerke machen sich seit langem um die Pflege experimenteller Musik verdient.Lärm stört die Akustik

Das "Toninsel-Projekt" gehört zu den reizvollsten der Gruppe. Wenn alles gut gegangen wäre, hätten sich denn auch Natur und Nachtgeräusche zu einem dichten Klangbild verweben können. Aber die Verhältnisse waren nicht so. Schon die Uferstraße mit ihrem Lärm erschwerte die Akustik. Womöglich waren die einzelnen Instrumentengruppen auch zu weit voneinander entfernt, um als zusammenhängende Orchesterteile wahrgenommen zu werden. Ein Schlepper mit seinem Motorenlärm passte zudem nicht in das ganz auf Poesie ausgelegte Klangbild."Stille, stille, lass uns lauschen". Was der romantische Dichter anmahnt, fehlte. Der Lärm, aber auch die kaum wahrnehmbare Struktur blieben das zentrale Problem dieser Aufführung. Erst ganz spät gegen Mitternacht, als alles verstummt war, wurde erkennbar, was hätte sein können. Zur großen schweigenden Kulisse wurde da die Nacht, die sich mit geheimnisvollen Stimmen bevölkerte. In einen warmen Mantel hüllte der Lichtschein der Laternen die Musiker. "Ich rufe einen in der Ferne" sang eine einsame Stimme. Und da hatte sie ihn schon erreicht.

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