Musik auf L(i)eben und Tod

TRIER. Werke von Alban Berg und Peter Tschaikowsky standen im Mittelpunkt des 7. Sinfoniekonzerts mit den Trierer Philharmonikern unter GMD István Dénes im voll besetzten Großen Haus des Theaters. Dazu gab’s einen wenig bekannten Mozart-Zeitgenossen.

Es lässt sich wohl ohne Übertreibung sagen, dass es ein Abend voller Höhepunkte war. Zu denen gehörte, zumindest aus musikhistorischen Gründen, auch das einleitende Stück, die Sinfonie c-Moll von Joseph Martin Kraus (1756-1792) zählt, wie es im Programmheft heißt, zu den begabtesten Komponisten seines Zeitalters. Was nur sehr bedingt etwas über seinen wirklichen Rang aussagt. In seiner dreisätzigen Sinfonie c-Moll erweist er sich jedenfalls als durchaus geschickter Instrumentierer. So finden sich zum Beispiel ein paar kurze Passagen, in denen Solo-Violine, Viola und Cello im Terzett spielen, was an eine Sinfonia Concertante erinnert. Es gibt noch andere hübsche Instrumental-Kombinationen, und das Andante wartet mit einigen interessanten harmonischen Wendungen auf. Große Stimmen für Wozzeck-Auszüge

Alban Berg hatte seine Oper "Wozzeck" schon 1921 beendet. Aber wegen der großen Schwierigkeiten für Orchester und Sänger fand sich lange kein Opernhaus für die Uraufführung des Werks. Schließlich brachte der Dirigent Erich Kleiber den "Wozzeck" Ende 1925 an der Berliner Staatsoper auf die Bühne. Heute gilt die Oper als eines der bedeutendsten Werke des 20. Jahrhunderts. In Trier hat das Stück im April Premiere, und so hatte István Dénes die "Drei Bruchstücke aus Wozzeck" auf das Programm des 7. Sinfoniekonzerts gesetzt. Dass daraus dann fünf Ausschnitte wurden, war Kammersänger Franz Grundheber zu verdanken, der die Oper hier in seiner Heimatstadt inszeniert und sich kurzfristig bereit erklärte, die Sopranistin Vera Wenkert (Marie) als Wozzeck zu unterstützen. Welch eine ausdrucksstarke Baritonstimme, auch in den Sprechgesang-Passagen, und welch intensive Schauspielkunst. Das Kompliment gilt auch für Vera Wenkert, deren dramatischer Sopran nur im Fortissimo in den hohen Lagen etwas gepresst klang. Dénes hatte das Orchester hervorragend vorbereitet, und die Musiker erwiesen sich bei allen erwähnten Schwierigkeiten als äußerst spielfreudig. Wie problematisch selbst ein moderner Klassiker wie Berg auch heute noch für manche Hörer sein kann, zeigt ein in der Pause aufgefangener Gesprächsfetzen: "Aber jetzt werden wir mit richtig schöner Musik versöhnt." Das ist Tschaikowskys 5. Sinfonie e-Moll natürlich ohne Zweifel. István Dénes und die Philharmoniker blieben bei ihrer Höchstform. Sie lieferten eine Interpretation fernab von allem Kitsch. Selbst in den "dicksten" und dramatischsten Tutti-Passagen war der Orchesterklang von großer Ausgewogenheit und Durchsichtigkeit. Vor allem Holz- und Blechbläser leisteten wirklich Erstaunliches. Und einmal mehr erwies sich Dénes als meisterhaft in der rhythmischen Präzision, bei allen Übergängen und beim Hinarbeiten auf dynamische Höhepunkte. Das Publikum bedankte sich mit lang anhaltendem und tosendem Beifall. Ein neuer GMD wird sich warm anziehen müssen.

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