Musik in tiefem Dunkelblau

TRIER. In der Spielzeit 2006/2007 konnte die Kammermusikalische Vereinigung Trier auf fünf Jahrzehnte Konzertveranstaltungen zurückblicken. Der Abschluss dieser Saison geriet zu einem fulminanten Abend, wie er zu einem goldenen Jubiläum nicht besser hätte sein können.

 Einen emotional prall gefüllten Abend gestaltete das "Menuhin Festival Piano Quartet" im Kurfürstlichen Palais. Mitverantwortlich die Bratscherin Silvia Simionescu. TV-Foto: Gerhard Kluth

Einen emotional prall gefüllten Abend gestaltete das "Menuhin Festival Piano Quartet" im Kurfürstlichen Palais. Mitverantwortlich die Bratscherin Silvia Simionescu. TV-Foto: Gerhard Kluth

Fis-Moll - was für eine herrliche Tonart. Justin Heinrich Knecht bezeichnete sie im 19. Jahrhundert als melancholisch, Heinrich Ribock charakterisierte sie 1783 als "ein tiefes, gutes Dunkelblau". Beide Umschreibungen konnte man nachvollziehen, als das "Menuhin Festival Piano Quartet" (MFPQ) im Kurfürstlichen Palais die "Phantasy fis-Moll" des englischen Komponisten Frank Bridge interpretierte. Dem Briten Bridge kann man sicherlich nicht vorwerfen, dass er es auf dem europäischen Festland zu großer Berühmtheit gebracht hat. Wer dieses Werk aus dem Jahr 1910 gehört hat, fragt sich, warum nicht. Aufregend und zugleich erschütternd, anrührend und ergreifend ist seine Komposition, eigentlich bestens geeignet, das Finale eines Kammermusikabends zu bilden. Die Geigerin Nora Chastain, Silvia Simionescu (Viola), der Cellist Troel Svane und der Pianist Friedemann Rieger, die seit 1989 das MFPQ bilden, setzten es an den Anfang ihres Konzertes und demonstrierten damit vom Start weg, auf welchem Niveau sich das Finale der Jubiläumsspielzeit der Kammermusikalischen Vereinigung bewegen sollte. Es gab kein Suchen nach einem gemeinsamen Weg, kein erforschen des Raumes oder der Resonanz im Publikum. Mit vollem Schwung ging es vom ersten Ton an hinein in eine üppige und satte Tonwelt. Die Zuhörer im voll besetzten Saal hatten keine andere Möglichkeit, als sich mitreißen zu lassen. Nach diesem glänzenden Einstieg wechselte das MFPQ in die Tonart c-Moll, vertreten durch Richard Strauss' Klavierquartett Opus 13 und jenem von Johannes Brahms, Opus 60, aus dem Jahre 1875, dem Hauptwerk des Abends. Johann Joachim Quantz schreibt dieser Tonart den Affekt der Traurigkeit; aber auch der Raserei zu. Brahms nutzte sie, um seiner unerfüllbaren Liebe zu Clara Schumann Ausdruck zu verleihen. Wie sehr Brahms diese Frau geliebt haben muss, in welche Verzweiflung ihn seine Emotionen getrieben haben müssen, dies stellte das Ensemble auf eine Art dar, wie es perfekter nicht hätte sein können. Subtil und nicht plakativ, wie es sich für Herzensangelegenheiten gehört, und doch so deutlich, dass sich das Publikum dem Mitleiden nicht entziehen konnte. In technisch über jeden Zweifel erhabener Manier machten sich die Musiker das Anliegen des Meisters zu eigen und legten der Geliebten die Gefühle noch einmal zu Füßen. Ein großartiger, emotional prall gefüllter Abend, der eine exzellente Saison beendete. Wenn auch die eigentliche Spielzeit beendet ist, gibt es als Ersatz für das ausgefallene Konzert im Januar am 20. April um 20 Uhr einen Sonderabend mit dem Vogler Quartett, bei dem die Abonnementskarten ihre Gültigkeit behalten.

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