Nachdenken übers KZ

TRIER. (mö) Auschwitz - das Werk von Imre Kertesz kreist um dieses Thema wie um eine literarische Obsession. Am kommenden Freitag, 19. November um 20 Uhr, liest der ungarische Literatur-Nobelpreisträger in der Promotionsaula des Trierer Priesterseminars.

Es ist alles "ganz natürlich". Wenige Worte haben im "Roman eines Schicksallosen" so großes Gewicht wie dieses "natürlich". Es ist "natürlich", wenn der jüdische Junge György Köves aus Ungarn ins Vernichtungslager Auschwitz und dann nach Buchenwald deportiert wird, wenn er dort Arbeit, Elend, Schläge, Mord oder Tod durch Verhungern erlebt, wenn er an sich selber verwundert einen jähen Alterungsprozess feststellt. Imre Kertesz erzählt aus einer Perspektive kindlicher Naivität, hinter der sich das nackte Grauen verbirgt. Nicht zuletzt dieses Buch trug dem ungarischen Autor 2002 den Literatur-Nobelpreis ein. Kertesz hat, worüber er schrieb, selber erfahren. Auch er, 1929 in Budapest geboren, wurde er im April 1945 aus dem KZ Buchenwald befreit. Jahrzehnte lang waren Autor und literarisches Werk unbeachtet geblieben. Erst als der "Roman eines Schicksallosen" 1995 in deutscher Übersetzung erschien, wurde er als literarisches Ereignis gefeiert. Am kommenden Freitag wird Imre Kertesz in der Trierer Promotionsaula aus seinem neuesten Roman "Liquidation" lesen, einem komplizierten Buch, in dem die Erfahrungen der in Auschwitz geborenen Menschen mit der neuen Situation nach der Wende von 1989 verknüpft werden. Doch das Rätsel Auschwitz bleibt am Ende ungelöst: "Wir, die Menschen, besitzen keinen Schlüssel, um die aus dem Wort Auschwitz bestehende Chiffre zu entschlüsseln." Karten: unter 06551/ 24 89 und www.eifel-literaturfestival.de.

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