Nachrichten aus der Seelenprovinz

"Migration und Kunst" heißt eine bewegende Ausstellung in der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier, in der sich Asylbewerber ihre Nöte und Sehnsüchte von der Seele malen oder sie bildhauerisch ausformen.

 Kunstprofessor Maurice Haddad und Ehefrau: Nach seiner Flucht aus dem Irak kam das Ehepaar 2002 nach Trier. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Kunstprofessor Maurice Haddad und Ehefrau: Nach seiner Flucht aus dem Irak kam das Ehepaar 2002 nach Trier. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Trier. Zwei dunkle Augen blicken angstvoll aus dem Bildraum. Nebenan ist ein Gesicht im Holzblock eingeschlossen. Ein Stockwerk höher hält eine Frau ihr Kind an sich gedrückt, darüber ein schmerzverzerrtes Gesicht: das altbekannte Bild vom Leid der Mütter im Krieg. Ein unbedingt sehenswertes, aber kein leichtes Unterfangen ist die derzeitige Ausstellung in der ADD. Was der Titel fast unbeteiligt sachlich als "Migration und Kunst" bezeichnet, legt Nerven blank und Seelennöte bloß. Das Innerste nach außen gekehrt

Bewohner der Trierer Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende haben in diesen Bildern und Skulpturen ihr Innerstes nach außen gekehrt.Der Mensch, der - aus welchen Gründen immer - seine Heimat verlassen musste, steht bei dieser Schau im Mittelpunkt. "Diese Ausstellung soll bewusst eine menschliche Seite der Asylproblematik darstellen und zum Nachdenken anregen" erklärt ADD-Präsident Josef Peter Mertes zur Eröffnung. Die 1992 gegründete Aufnahmeeinrichtung (die inzwischen einzige hierzulande) ist seit Anfang 2000 in die ADD eingegliedert. Von den 700 Unterbringungsmöglichkeiten und 80 Notunterkünften sind derzeit 200 Plätze belegt. Natürlich gehe das Miteinander der aus unterschiedlichen Kulturen stammenden Asylbewerber und auch der Umgang mit ihnen nicht immer ohne Probleme ab, berichtet Mertes. Angst, Orientierungslosigkeit, fehlende Perspektiven, Sprachbarrieren und Rechtsunsicherheit begünstigten zudem Konflikte. Durch sinnvolle Beschäftigung und die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls versuchen die Betreuer dem entgegenzuwirken. Dazu gehört auch die künstlerische Tätigkeit. Sehnsüchte und Ängste werden in den anrührenden Arbeiten offenbar. Die Schönheit der heimatlichen Landschaft, den Stolz afrikanischer Frauen, die Farbenpracht der Kleider hat manch einer ins Bild gesetzt. Daneben steht das bedrohliche Schwarz eines dunklen Ganges, aus dem es zu fliehen gilt. Auch die Situation nach der Flucht wird kritisch unter die Lupe genommen. "Schönes Asyl" nennt Yahia Al-Salo seine Karikaturen von der lückenlosen Überwachung der Asylbegehrenden. Viele der Geflüchteten seien nicht in der Lage über ihre Erlebnisse zu sprechen, bestätigt Bernd Baumgarten, der Geschäftsführer der Diakonie Trier, die mit anderen örtlichen Wohlfahrtsverbänden die Aufnahmeeinrichtung betreut. "Die Kunst ersetzt dann die Sprache". Ganz offensichtlich verfügt ein Teil der Ausstellenden über eine künstlerische Vorbildung. Tatsächlich seien unter den Asylbewerbern immer zahlreiche Intellektuelle, darunter auch Künstler, bestätigt Elke Hermes, die in der Kunsttherapie der Einrichtung arbeitet. "Für uns steht allerdings die Therapie im Vordergrund". Zu den Kunstprofis gehört Maurice Haddad. Nach seiner Flucht aus dem Irak kam der Kunstprofessor aus Bagdad 2002 nach Trier. Seine Moselansicht wirkt überraschend leicht und heiter. "Am Fluss zu wohnen, macht das Leben leicht" erklärt Haddad, der im Zweistromland Mesopotamien geboren ist, und dabei leuchten seine Augen. Bis 24. Juli, Montag bis Donnerstag, 9 bis 12.30 Uhr und 14.30 bis 16 Uhr , Freitag 9 bis 13 Uhr, www.add.rlp.de

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