Napoleon, der Hoffnungsträger

DARMSTADT. Polen ist seit 1. Mai Mitglied der EU. Wer sich über dieses Land mit seiner wechselvollen Geschichte durch die Jahrhunderte informieren will, sollte ins Hessische Landesmuseum nach Darmstadt fahren.

 Zeugnis der Geschichte: Eines der über 6000 Exponate aus der Sammlung TomaszNiewodniczanskis.Foto: Museum

Zeugnis der Geschichte: Eines der über 6000 Exponate aus der Sammlung TomaszNiewodniczanskis.Foto: Museum

All die alten Landkarten, Urkunden mit und ohne Siegel, die großen und kleinen Stiche (Merian, Hogenberg) und Briefe - insgesamt 2100 Exponate von insgesamt über 6000 - stammen aus dem Besitz eines Sammlers: Tomasz Niewodniczanski, "ein Europäer mit deutscher und polnischer Staatsangehörigkeit". Der 1933 in Vilnius geborene Kernphysiker siedelte 1970 nach Deutschland über und lebt heute in Bitburg. Für die Idee, den europäischen Gedanken mittels seiner Sammeltätigkeit in besonderer Weise zu pflegen, wurde er bereits mit zahlreichen Ehrenwürden ausgezeichnet. Wertvolle Schenkungen an polnische Institutionen will er mit der Rückgabe der nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Berliner Staatsbibliothek geraubten "Berlinka-Bestände" verbinden, die heute in Krakau sind. Allerdings müssten dafür auch die geraubten polnischen Kulturgüter in der Bundesrepublik nach Polen zurückgegeben werden. Da er auf politischer Ebene dafür noch zu wenig Echo findet, meint er: "Die Zeit scheint dafür noch nicht reif, was sehr traurig, aber leider wahr ist." Seine über fast 40 Jahre zusammengetragene Sammlung gilt als eine der wertvollsten Europas. Sie wurde unter dem Titel "Imago Poloniae" bereits in Warschau, Krakau, Breslau und auch in Berlin gezeigt. Nächste Station ist die Ukraine. Im Mittelpunkt steht die Geschichte Polens. Sie beginnt mit dem Aufstieg der Piasten und Jagiellonen in einem frühen Kartenstammbaum von 1360. Es war die Zeit, als Polen nach und nach zum größten Land Europas wurde, indem durch Heirat das Großfürstentum Litauen hinzukam. Polen-Litauen reichte im 15. Jahrhundert von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer. Alte Urkunden über die Vergabe der Lehensgebiete sind ebenso zu finden wie die ersten Landkarten im 17. Jahrhundert aus niederländischer Hand oder die Schedelsche Weltchronik. Wie Briefmarken sind die Landkarten in verschiedenen Zuständen und Kolorierungen teilweise dicht an dicht übereinandergelegt. In kolorierten Stichen kommen die frühen Ansichten polnischer Städte hinzu, wie die drei Warschauer Veduten von Canaletto. Den Konflikten der polnischen Könige mit dem Adel bis hin zu August dem Starken, der Polens wegen zum Katholizismus übertrat, ist breiter Raum gewidmet. Fünfmal wird Polen insgesamt geteilt, schließlich scheint es von den Landkarten zu verschwinden. Ein Brief des Polen Josef Poniatowski (1763-1813) an Napoleon ist zu sehen, wo er sich für die Ver- leihung des "goldenen Säbels" bedankt. Auf Napoleon, der sogar in der Nationalhymne erwähnt ist, setzte man in Polen große Hoffnungen, erwartete man doch von ihm die Erneuerung des polnischen Staates. Die Ausstellung durchläuft schließlich auch das 19. und 20. Jahrhundert. Sie enthält Dokumente vom Aufstand im Warschauer Ghetto und Pässe, Briefe, Karten und Leichenscheine aus Auschwitz. Die Solidarnosc-Bewegung ist dokumentiert, und von den Ministern und Präsidenten signierte Fotografien zeigen die jüngsten Abkommen. Bis 18. 7., di.-sa. 10 bis 17 Uhr, mi. bis 20, so. 11 bis17 Uhr.

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