Neue Wörter und viele neue Freunde

Trier · Sie üben zusammen Deutsch, lernen sich aber auch beim gemeinsamen Tanzen, Trommeln und Basteln näher kennen: Ein Ferienprojekt der Trierer Volkshochschule hat 42 Flüchlingskindern aus zwölf Nationen die Gelegenheit geboten, sich über Sprachkurse und kreative Kulturangebote der neuen Heimat einzuleben und Freundschaften zu schließen.

 Trommeln und dabei neue Freunde finden: Teilnehmer des Integrationsprojekts „Neu in Deutschland – Sprache, Tanz, Musik, Spiel“ präsentieren zum Abschluss eines zweiwöchigen Workshops im Bürgerhaus Trier-Nord, was sie gemeinsam erarbeitet haben. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trommeln und dabei neue Freunde finden: Teilnehmer des Integrationsprojekts „Neu in Deutschland – Sprache, Tanz, Musik, Spiel“ präsentieren zum Abschluss eines zweiwöchigen Workshops im Bürgerhaus Trier-Nord, was sie gemeinsam erarbeitet haben. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Weich und poetisch klingt die Stimme von Oladeni, als der 17-Jährige das Lied aus seiner Heimat Nigeria anstimmt. Nach wenigen Takten fallen auch die anderen jungen Musiker der Gruppe mit ihren Stimmen und Instrumenten unter der Leitung von Trommellehrer Engel Matthias Koch ein. Muntere Rhythmen begleiten den afrikanischen Festgesang.
Die singenden und trommelnden Jungen und Mädchen, denen man meist ihre Herkunft aus fernen Ländern ansieht, sind Teilnehmer des "Talentcampus" der Volkshochschule (VHS) Trier. An diesem Vormittag wird im Bürgerhaus Trier-Nord der Abschluss des 14-tägigen Ferienprojekts gefeiert. Es ist ein Integrationsprojekt, das von der Bundesinitiative "Kultur macht Stark/ Bündnisse für Bildung" gefördert wird und von der VHS in Zusammenarbeit mit dem Jugendmigrationsdienst Trier und dem Kulturbüro der Stadt Trier umgesetzt wurde. Sein Ziel ist es, jungen Menschen mit Migrationshintergrund, die "neu in Deutschland" sind, über Sprachkurse und Kulturarbeit das Einleben zu erleichtern.
Bis auf eine Ausnahme sind die 42 Mädchen und Jungen, die sich für die ganztägigen Workshops im Bürgerhaus angemeldet haben, allesamt im Alter zwischen zwölf bis 17 Jahren. Das Bildungsangebot steht auf zwei Beinen. Morgens wird in Deutschkursen die neue Sprache gelernt. Nach dem gemeinsamen Mittagessen ist Kultur angesagt. Es wird getrommelt, gemalt, gebastelt und getanzt.Dramatische Erlebnisse


Der Workshop versammelt Angehörige aus mehr als zwölf Nationen. Unter ihnen sind Asylbewerber- und Flüchtlingskinder aus Syrien, Afghanistan und dem Iran, aus Nigeria, der Ukraine und dem Kosovo. Etwa zwei Jahre sind die Kinder und Jugendlichen mit der längsten Deutschlanderfahrung im Land, wenige Wochen und Monate die Neuankömmlinge. Einige von ihnen sind mit ihren Familien per Boot übers Mittelmeer aufs Festland gelangt, andere hatten den Landweg auf sich genommen. Manch einem war für sein Fahrgeld ein großes Schiff zur Überfahrt versprochen worden, das am Ende dann doch nur ein überfülltes schwankendes Boot war. "Manche Kinder haben mir Fotos von ihrer Überfahrt im Boot gezeigt", erzählt Sprachdozentin Ute De Amezaga und wirkt noch immer erschüttert.
Zumindest heute trüben die Strapazen von ehedem die Stimmung nicht. Fröhlichkeit ist angesagt, als sich die Gruppen mit ihren Themen präsentieren. "Unser Kurs war vom Zwischenmenschlichen bestimmt. Da war viel von Gemeinsinn und Zuneigung die Rede", erinnert sich Ija Daubenspeck. Mit ihren Kursteilnehmern hat die Sprachlehrerin nicht nur Deutsch geübt, sondern auch beleuchtbare Drachen und Schmetterlinge aus Papier gebastelt, die jetzt an der Decke schweben. Nicht nur dabei kam man sich menschlich näher. "Ich habe viele neue Freunde gefunden", bestätigt Erfam strahlend. Der dunkelhaarige Junge aus dem Iran hat mit seiner Gruppe Fantasietiere gemalt, darunter seltsame Krokosaurier und Kaninchen mit Ziegenkörpern.
Wie Erfam geht es auch Antonio aus Rumänien. "Ich tanze jetzt mit meinen neuen Freunden", verkündet er stolz und schon geht die Post ab. Dass Tanzen verbindet, weiß auch Helder Rodriguez. Der Trierer Tanzlehrer hat während des Workshops mit seinen internationalen Schülern eine multikulturelle Choreografie erarbeitet, die einfühlsam die Brücke von Ost nach West schlägt. So ganz ohne Diskussionen sei das nicht abgegangen, berichtet Rodriguez, aber am Ende habe man sich in der Mitte getroffen. Und was das Schönste sei: Im tänzerischen Miteinander hätten sich die Kulturen besser kennengelernt.Sprache und Kultur in gutem Mix


Darum geht es auch Projektleiterin Gisela Sauer von der VHS Trier. Zum zweiten Mal hat die Pädagogin den Kurs organisiert. "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade dieser Mix aus Sprachkurs und kulturellem kreativem Angebot für Integration optimal ist", erklärt Sauer. Gerade die kulturellen Aktivitäten förderten die Gemeinschaft. "Schließlich kann man beim Basteln, Tanzen oder Spielen auch ohne große Sprachkenntnisse etwas gemeinsam unternehmen."
Das bestätigen auch die Kinder: Masume (14) aus Afghanistan hat "das Trommeln und Tanzen sehr gut" gefallen. Die 13-jährige Arlinda aus dem Kosovo, deren schöne Gesangsstimme auffällt, hat "viele Freunde gefunden und viele deutsche Wörter gelernt".

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