Niveau ist dazu da, unterboten zu werden

TRIER. Seit zwanzig Jahren beschallen "Die Kassierer" nun schon die Welt mit ihrem derben Funpunk. Am Samstagabend zelebrierten die vier Musiker im rappelvollen Exhaus ihre wilde Rüpelshow zusammen mit einem sehr engagierten Publikum.

Keine Frage, für die "Kassierer" aus dem Rheinland braucht man schon einen besonderen Geschmack. Manche würden wohl sagen: gar keinen. "Sex mit dem Sozialarbeiter", "Mein Glied ist zu groß" oder "Ich bin Jesus und kann alles", so heißen noch ihre harmloseren Songtitel. Die sehr eindeutigen, absurden Sex- und Sufftexte, die Sänger Wolfgang Wendland zeitweilig "Unten-Ohne" ins Publikum gröhlt, sind sicherlich nicht jedermanns Sache. Bei dem überwiegend aus Punks bestehenden Exilpublikum kommen die zotigen Späße jedoch bestens an, und die gut 600 Fans feiern ihre "Halbgötter" enthusiastisch mit heftigem Pogo und endlosem Stagediving. Seit zwanzig Jahren feiern die vier Musiker ihre wilde Punkparty. Anlässlich dieses Jubiläums ist eine Tributeplatte erschienen, auf der nicht nur die Elite der deutschen Funpunkbands ihre Lieblingsstücke der "Kassierer" covert, sondern auch der Country-Altstar Gunther Gabriel. Eine weitere ironische Note in der Geschichte der Band, die einmal auch durchaus tiefergehende Ansprüche anmeldete mit ihrem Album "Taubenvergiften", das ausschließlich Coverversionen des Wiener Chansonniers Georg Kreisler enthält. Mit solchem Liedgut hält man sich bei Liveauftritten jedoch kaum auf. Hier gilt: Niveau ist dazu da, unterboten zu werden, und Tabus, um gebrochen zu werden. Dabei bedeutet der krasse Exzess den Musikern auch einen durchaus ernsthaften Kampf um die Freiheit der Kunst. Wissenschaftler: Satirische Kunst

Was für die einen ein absurder pubertärer Spaß ist, hat natürlich auch schon so manchen Sittenwächter auf den Plan gerufen: Versuche, ihre Platten durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften zu indizieren, wehrte die Band aber bisher ab - unter anderem mithilfe eines Bochumer Germanisten: Der konnte das Gremium mit seinem Gutachten davon überzeugen, dass die Werke der Kassierer satirische Kunst sind. Veranstalter des Konzertes war der Verein Rong aus Heidenburg, der neben dem "Rack am Rong" -Festival nun auch lokale Konzerte organisiert.

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