Nuancenreiches Miteinander

KONZ. Er ist eine der wichtigsten Malerpersönlichkeiten der Region. Zum 100. Geburtstag des Trierer Künstlers zeigt die Konzer Galerie Kloster Karthaus Werke von Reinhard Heß als "Kleine Reprospektion".

"Wer kein Leid erfahren hat, kann auch nichts Tiefes malen", hat er wenige Jahre vor seinem Tod in einem Gespräch mit dieser Zeitung bekannt. Reinhard Hess, der am 30. Juni 100 Jahre alt würde, hat in diesem Sinn genug erlebt, um gehaltvoll zu arbeiten. Früh starb der Vater. Die schwierigen Jahre des Dritten Reichs, in dem seine Kunst als "kaffriger Hanswurststil" diffamiert wurde, galt es für den einstigen Schüler der Trierer Wekkunstschule gleichermaßen zu durchstehen wie zu verarbeiten. Am schlimmsten habe ihn bei all dem Leid der Tod seiner Frau getroffen, stellte der Künstler in demselben Interview fest. Mag sein, dass ihn auch deshalb das "ewig Weibliche" das er für grausamer hielt, als den männlichen Gegenpart, lebenslang künstlerisch beschäftigte.Schwarz ist herrisch, siegt aber nie

Reinhard Heß' Werk ist wie sein Leben - ein nuancenreiches Miteinander aus Hell und Dunkel, das den Schatten ebenso verpflichtet ist, wie dem Glück der kraftvollen ausdrucksstarken Farben. Manch einer seiner Farben fühlte sich der Maler nahezu ausgeliefert. Einem Irrlicht gleich durchzieht ein bitter-süßes Lila seine Bilder. "Lila ist eine Farbe, die gleichzeitig anzieht wie abstößt". Das Aktionsfeld des früheren Schülers und späteren Lehrers der Trierer Werkkunstschule blieb in erster Linie die Fläche. Ihre Dramaturgie steht im Mittelpunkt seiner künstlerischen Anstrengung. Mal rhythmisiert er sie durch collagenartige Formen, die an Matisse erinnern, mal genügt ihm das (allerdings planvolle) Spiel mit dem Gegeneinander von heller und dunkler Fläche oder Kontur. Ohne Zweifel ist Schwarz eine herrische Farbe in diesem Werk, Siegerin bleibt sie dennoch fast nie. Auch wenn ihn die Abstraktion reizte, den Gegenstand hat Heß nie wirklich losgelassen. "Es ist gefährlich, den Gegenstand aufzugeben, weil man damit die Welt aufgibt", lautete sein Credo. Die Welt und die Menschen liebte der Künstler trotz aller leidvoller Erfahrung und erst recht das, was sich offenbarte, wenn man hinter die Folie Wirklichkeit schaute. Was Wunder, dass er neben der Kunst die Philosophie für das "einzig lohnende Thema" hielt. Deren Visionen und die vielfältigen Lebenswelten seiner Bücher hielt er überhaupt für die Quelle und den Anfang seiner Kunst. "Nur weil ich ein großer Leser war, bin ich ein guter Maler geworden". Künstlerische Kraft schöpfte der gebürtige Trierer auch aus seiner moselländischen Heimat. Trier entgültig zu verlassen, hat er trotz zahlreicher Reisen und Auslandsaufenthalte denn auch nie ernsthaft erwogen. "Ich wollte in einer Landschaft leben, die mir Heimat war." Reinhard Heß ist ohne Frage einer der denkwürdigen Maler der Region. Dass ihn die Konzer Galerie mit einer Geburtstagsausstellung ehrt, ist verdienstvoll, zumal es in der letzten Zeit eher still geworden ist um den 1998 verstorbenen Künstler. Leider legt die Bilderschau das Schwergewicht auf Arbeiten, die in Heß neuntem Lebensjahrzehnt entstanden sind. Zu jener Zeit war der Maler sicher nicht mehr auf der Höhe seiner gestalterischen Kraft. Es sind daher auch nur wenige Bilder zu sehen, die so recht ermessen lassen, was im Werk dieses Mannes, für den Kunst vom Widerspruch lebte, an Anfechtung und Sensation vorhanden ist. bis 23. Juni, Di-Fr 15-18 Uhr, Sa,So 11-17 Uhr Galerie Kloster Karthaus Brunostr. 23, Konz

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