"Nur keinen Streit vermeiden"

TRIER. Ein unerschrockener Streiter in Sachen Denkmal geht. Franz Ronig legt den Vorsitz im Landesdenkmalbeirat nieder.

 "Man muss wissen, wo es zu bremsen und wo es zu befeuern gilt" - Franz Ronig, scheidender Vorsitzender des Landesdenkmalbeirats.Foto: Eva-Maria Reuther

"Man muss wissen, wo es zu bremsen und wo es zu befeuern gilt" - Franz Ronig, scheidender Vorsitzender des Landesdenkmalbeirats.Foto: Eva-Maria Reuther

"Nur keinen Streit vermeiden", hatte er vor ein paar Jahren geantwortet, als er nach seiner Arbeit im Landesdenkmalbeirat gefragt wurde. Ein beherzter Streiter für die Kultur und ihre Denkmäler war Franz Ronig zu aller Zeit. Wenn er heute nach 16 Jahren seinen Vorsitz im Beirat niederlegt, dann geht nicht nur ein ausgewiesener und angesehener Kunsthistoriker von Bord, sondern auch ein Mann, der zur Sachkenntnis Kampfgeist und das nötige taktische Geschick fügte."Fachwissen allein genügt nicht", bestätigt der Trierer Professor für Kunstgeschichte und ehemalige Bistumskonservator. "Man muss auch wissen, wer an welchen Strippen zieht." Soll heißen - man muss die Mechanismen der denkmalschützenden Verfahren kennen und das in der Regel damit verbundene Interessengemenge.Aber auch im streitbaren 21-köpfigen Beirat, dem sich meist noch Gäste aus Kommunen und Verbänden zugesellen, sind Gespür und Moderatorenqualität gefragt. "Man muss wissen, wo es zu bremsen und wo zu befeuern gilt."Für Franz Ronig hat sich die Mühe, die widerstreitenden Meinungen unter einen Hut zu bringen, stets gelohnt: "Zwar kamen wir nicht immer zu einem einstimmigen Urteil, aber immer zu einer soliden Mehrheit." Und was noch wichtiger war: "Wir haben unser Urteil immer so genau formuliert, dass wir ernst genommen wurden." Darum geht‘s schließlich bei der Arbeit des Gremiums, das nach dem Denkmalgesetz Land und Denkmalpflegebehörden in strittigen Fragen berät. Dass am Ende Politik oder wirtschaftliche Interessen dann doch vor Denkmal gehen, hat Ronig in seiner langen Praxis oft genug erfahren, etwa beim Innenausbau des Palais Walderdorff in Trier.Seit 1966 gehört der Denkmal-Experte als Mitglied dem Beirat an. Seit 1987 führte er dort den Vorsitz, den er seinerzeit vom Trierer Bürgermeister Emil Zenz übernommen hatte.Für den wichtigsten Beitrag in seiner fast 40 Jahre langen Beiratstätigkeit hält Ronig die Mitarbeit am Landesdenkmalgesetz von 1978. Mit ihm wurde aus dem bisherigen Alibi-Beirat, der sich darauf beschränkte, Zuschusslisten abzunicken, ein aktives Beratungsgremium. Zu beraten gab‘s inzwischen genug, manchmal ging‘s sogar dramatisch her. So wie damals in Boppard, als vor der Römermauer schon die Abrissbirne baumelte. Sozusagen im Noteinsatz konnte der Beirat die Zerstörung verhindern. "Das war einer unserer schönsten Erfolge", freut sich Ronig noch immer.Zähigkeit und Ausdauer waren dagegen beim Projekt Kyllburger Stiftsberg gefragt. Nach zehn Jahren Widerstand war dort endlich der Plan für eine Großklinik - und damit die Zerstörung des wertvollen gotischen Ensembles - vom Tisch. Dass er deswegen persönliche Verunglimpfungen und Anfeindungen auszuhalten hatte, gehört für Ronig zum Geschäft. Nicht alles war Triumph. Der Abriss der klassizistischen Kasernen auf der Koblenzer Karthause gegen den erklärten Willen des Beirats schmerzt den Kunsthistoriker bis heute.Trotz mancher Niederlage: Alles in allem sei die Sensibilität beim Land und in der Bevölkerung für Denkmäler gewachsen, bestätigt Ronig. Dafür spreche auch die wachsende Zahl von Denkmalvereinen. Überdies würden gerade aus der Bürgerschaft zunehmend denkmalpflegerische Anliegen an den Beirat herangetragen. "Das stärkt uns den Rücken." Und auch die derzeitigen knappen Kassen hätten ihren Vorteil, meint der Experte. "Viel Geld - viel Abriss. Die Neubauflut ist der eigentliche Feind des Denkmalschutzes." So macht sich der Kunsthistoriker auch Sorgen um das Schicksal des Trierer Paulinus-Komplexes. Und noch eins könnte der Mangel an Geld bewirken, bestätigt der scheidende Vorsitzende. Er könnte eine drohende Inflation an Denkmälern verhindern. Denn es ist nicht alles denkmalwert, was alt ist. "Wenn kein Geld da ist, müssen Denkmalpfleger entschiedener ,Nein‘ sagen", so der Trierer Professor. Ronig geht, hinter sich gelassen hat er den Beirat dennoch nicht. Was ihm bleibt: "Eine Menge kollegialer Kontakte und freundschaftlicher Beziehungen, die ich nicht missen möchte."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort