O Täler weit, o Höhen

Im Rahmen der Mosel Festwochen präsentierten der Kammerchor unter Manfred May und die aus Trier stammende Altistin Maria Kowollik in der Katholischen Akademie einen Abend mit bekannten und weniger bekannten Vertonungen von Eichendorff-Lyrik.

Trier. 2006 war es das 150. Todesjahr Heinrich Heines, nun jährt sich Joseph von Eichendorffs Tod zum 150. Mal. Und wieder hatte Manfred May ein erlesenes Programm mit Vertonungen von Lyrik des Dichters zusammengestellt. Neben dem Kammerchor trat die aus Trier stammende Altistin Maria Kowollik auf, begleitet von der finnischen Pianistin Annikka Konttori-Gustafsson.Musikalität der Sprache

Eichendorff ist heute als Lyriker kaum noch gefragt. Viele Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts dagegen fühlten sich angezogen von der Musikalität der Sprache Eichendorffs und setzten seine Gedichte immer wieder in Solo- oder Chorlieder um. Das haben gute Gedichte nicht nötig, aber einem guten Komponisten gelingt es doch oft, das in Sprache Ausgedrückte mit Hilfe der Musik zu verdeutlichen oder ihm sogar etwas hinzuzufügen. Bei den Chorstücken handelte es sich durchweg um homophone Strophenlieder. Das klingt einfach, stellt den Interpreten aber zumindest vor die Aufgabe, die verschiedenen Strophen abwechslungsreich zu gestalten. Und das gelang May und seinem Kammerchor bestens. Gleich die ersten drei Lieder von Felix Mendelssohn Bartholdy ("Abschied vom Walde", "Morgengebet" und "Jagdlied") zeigten, wie erfolgreich man an überzeugenden dynamischen Abstufungen und an guter Textverständlichkeit gearbeitet hatte. Mehr noch als bei Mendelssohn waren bei den Liedern von Fanny Hensel-Mendelssohn und Hugo Wolf einige Intonationsprobleme unüberhörbar. Woran mag es liegen? Es dürfte dem Dirigenten und seinem intelligenten Ensemble aber nicht schwerfallen, daran zu arbeiten.Altistin ist eine Offenbarung

Die Altistin Maria Kowollik studierte in Hannover bei Charlotte Lehmann und setzt sich vor allem für zeitgenössische Musik ein. Mehrere Komponisten haben speziell für sie Werke geschrieben. Sie ist tatsächlich eine Offenbarung als Sängerin und Darstellerin. Und sie ist eine "richtige" Altistin, deren tiefe Lage wunderbar voluminös klingt. Zuverlässig und einfühlsam begleitet von der Finnin Annikka Konttori-Gustafsson, sang Maria Kowollik zunächst fünf Lieder aus Robert Schumanns "Liederkreis" op. 39. Vor allem "Schöne Fremde" wurde zu einem gestalterischen Höhepunkt, ebenso Hugo Wolfs "Verschwiegene Liebe". Übrigens ist es der Pianistin hoch anzurechnen, dass sie den eigentlich indiskutablen Schimmel-Flügel nicht ablehnte. Ein neues, besseres Instrument täte künftigen Interpreten und Zuhörern gut. Mit dem 1957 gestorbenen Schweizer Komponisten Othmar Schoeck und mit Hans Pfitzner betraten Sängerin und Pianistin für manche Zuhörer sicherlich musikalisches Neuland. Vor allem die drei Schoeck-Lieder beeindruckten als meisterhafte Miniaturen. Diesem Komponisten wäre eine Renaissance zu wünschen. Nach dem choralartigen "Komm, Trost der Welt" von Christian Lahusen, dargeboten vom Kammerchor unter Manfred May, bedankten sich die gut 200 Zuhörer mit lang anhaltendem Applaus.

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