Orchester in Geburtstags-Laune

Kulturpolitische Grundsatzreden und edle Opernklänge: Mit dieser Mischung feierte das Trier er Theater den 90. Geburtstag seines Orchesters und den 45. Jahrestag seines Einzugs am Augustinerhof.

Trier. Es fehlte nicht an Bekenntnissen zum Trierer Theater, das, wie es ein übers andere Mal hieß, aus dem Leben der Stadt "nicht wegzudenken sei" (Intendant Weber). Kulturministerin Doris Ahnen beschwor die wichtige Rolle der Kultur bei der "Selbstvergewisserung einer Gesellschaft gerade in Zeiten der Krise". Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink beschrieb, fast schon als politisches Vermächtnis, die identitätstiftende Bedeutung einer Kunst, "die vor Ort in der Region produziert wird" und nicht "von Wander-Gastspielgruppen". Das war ganz im Sinne des Direktors des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin, der in einer zunächst sehr launigen Rede die beiden Jubilare des Tages in einem Vergleich von "Baukörper" und "Klangkörper" auf einen Nenner brachte.

Kraftzentrum für Fantasie



Aber dann wurde es ernst, mit einem mehrfach von Beifall unterbrochenen Appell zur Erhaltung der deutschen Theaterlandschaft, diesem laut Bolwien "besten Alleinstellungsmerkmal unseres Landes" und permanentem "Kraftzentrum für Fantasie und Kreativität". Freilich hätte das von Ministerin Ahnen eingeforderte "Bekenntnis der Bürger zur Kultur" etwas kraftvoller ausfallen können als die schüttere Besetzung der Theater-Reihen an diesem Abend suggerierte. Zum Glück kamen die eindrucksvollsten Impulse von der Bühne, vor allem von einem blendend aufgelegten Orchester, das sich unter Leitung von Generalmusikdirektor Victor Puhl in echter Geburtstags-Laune zeigte. Das begann mit einer angenehm unpompösen, geschmeidig musizierten "Meistersinger"-Ouvertüre, die eher auf ein fließendes Klangbild als auf raue Akzentuierung setzte. Das war aber nur der Vorgeschmack auf einen kraftvollen, dynamischen, die Vielschichtigkeit der Musik wunderbar offenlegenden Querschnitt aus Beethovens "Fidelio". Da geriet Puhl und seiner Truppe, von leichter Start-Nervosität abgesehen, fast alles, von der kammermusikalischen Finesse beim Quartett-Intro bis zur umwerfenden Schluss-Apotheose.

Auch der Chor bescherte seiner neuen Chefin Angela Händel einen Bilderbuch-Start, mit einem ungemein differenzierten Gefangenen-Chor und fast schon überbordendem Temperament zum Finale. Dank Unterstützung des Trierer Richard-Wagner-Verbandes konnte man auf illustre Gäste zurückgreifen. Jayne Casselman in der Titelrolle begeisterte durch sattes Timbre und elementare Kraft, erzeugte aber auch ein störend mächtiges Vibrato. Scott Mac Allisters Florestan zeigte einen beispielhaft präzisen und prägnanten Umgang mit dem Wort - gerade bei "Fidelio" ein entscheidendes Qualitätsmerkmal. Der Tenor füllte sowohl den innigen als auch den dramatischen Part der Rolle stimmlich aus, geriet aber bei hohen Tönen etwas ins "Quetschen". Vom Trierer Ensemble machte Evelyn Czesla als Marzelline auf sich aufmerksam, Pawel Czekala und Peter Koppelmann schlugen sich wacker, Laszlo Lukacs geriet sein Pizarro zwar imposant, aber etwas zu arg im Stil eines italienischen Verismo-Bösewichts. In einer langsam doch etwas renovierungsbedürftigen Zeremonie wurde die Trierer Theatermaske an den Schauspieler Manfred-Paul Hänig verliehen. Er heimste, wie der gesamte Abend, verdienten Beifall ein.

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