Orchester und Schauspiel im Höhenflug

TRIER. Das Theater Trier hat den Zuschauer-Einbruch der Vorsaison wettgemacht. Die Spielzeitbilanz 2005/2006 zeigt zum ersten Mal in der jüngeren Theatergeschichte das Schauspiel vorn. Starke Zuwächse gab es auch bei der aushäusigen Konzerttätigkeit des Orchesters.

Es war die Saison der "Alten Dame". Dürrenmatts Klassiker knackte mit 18 Vorstellungen, 93 Prozent Auslastung und mehr als 10 500 Zuschauern gleich mehrere Rekorde für das Trierer Sprechtheater. Im Gefolge schraubte das gesamte Schauspiel seine Besucherzahl im großen Haus auf über 30 000 hoch. "Es war eine Spielzeit der jungen Zuschauer", bilanziert ein zufriedener Intendant Gerhard Weber, nicht zuletzt mit Blick auf das Rock-Musical "Paradise of pain", das - unter anderem dank Werbeträger Guildo Horn - 8600 Menschen ins Theater lockte. Den mit Abstand größten Zuwachs aber verzeichnete die Sparte "Konzerte". 18 000 Zuhörer erfreuten sich an den Darbietungen des Philharmonischen Orchesters, doppelt so viele wie im Vorjahr. Freilich kam die Mehrheit davon nicht ins Theater, sondern wurde über die erheblich ausgeweitete Gastspiel-Tätigkeit und eine ganze Reihe von Schulkonzerten erreicht. 20-mal traten die Musiker von Generalmusikintendant (GMD) István Dénes außer Haus an, in Schulzentren, Gemeindehallen und Kirchen zwischen Bernkastel, Bitburg und Saarburg. Kein Wunder, dass Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink die "sehr erfolgreiche Arbeit unseres Klangkörpers" ausdrücklich lobt. Ansonsten ist es um die musikalische Seite des Trierer Theaters nicht ganz so gut bestellt. Der Kassenschlager "Carmen" bescherte der Oper zwar bescheidene Zuwächse, aber unterm Strich dümpelt das einstige Flaggschiff "Musiktheater" bei 21 000 (Oper) und 10 000 (Operette) vor sich hin, und das trotz einer ausgeprägten Popularisierung des Repertoires, das auf Experimentelles und Zeitgenössisches fast völlig verzichtete. Dass Letzteres durchaus in Trier ankommen kann, zeigen die 7400 Besucher beim neuen Tanz-Theater - eine Zahl, die noch größer ausfiele, wäre die Frühjahrs-Reprise der Erfolgs-Produktion "Brel - Le grand Jacques" nicht dem Verletzungspech im Ensemble zum Opfer gefallen. Besonders erfreut ist Intendant Weber über die hohe Akzeptanz des Jugend-Angebots. Etliche tausend jüngere Zuschauer sahen "Robinson & Crusoe", "Peter und der Wolf" oder "Handytöne in Concert". Man könne, so Weber, "fast von einer vierten Sparte reden, dem jungen Theater Trier". Flops gab es freilich auch. Mit dem "Theatersport" und den "Mettymäusen" konnte sich das Publikum auch in der zweiten Spielzeit nicht anfreunden, die Knef-Revue wurde kein Renner, bei der Operetten-Gala blieben fast 40 Prozent der Plätze leer. Auch das Kindermärchen, sonst eine sichere Bank, verzeichnete 5000 kleine Gäste weniger als im Vorjahr. Allerdings bot das Theater auch deutlich weniger Vorstellungen an, "aus dispositionellen Gründen", sagt der Intendant. Am Stück habe es sicher nicht gelegen. Wieder deutlich mehr los war im Studio. Vor allem dank des brisanten Rechtsradikalen-Stücks "Kälte", das mit 900 Zuschauern in 15 nahezu ausverkauften Vorstellungen Maßstäbe setzte. Auch die zunächst andernorts gespielten Produktionen "Der Kontrabass" und "Lola Blau" wurden im Studio zu Erfolgen. Zumindest halbwegs Erfreuliches konnte Verwaltungsdirektor Werner Reichert von der Abonnenten-Front vermelden: Nach jahrelangem Abbröckeln gab es - wenn auch sehr bescheidene - Zuwächse bei den derzeit 3560 Stammgästen. Reichert lobte auch die Stadt Trier: Anders als in manchen Kommunen gebe es "keine Tendenz, den Theater-Etat zu schmälern".

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