„Orchestre Philharmonique“ mit Brahms und Tschaikowsky in der Luxemburger Philharmonie

Luxemburg · Ein grandios musizierter erster Satz im zweiten Brahms-Klavierkonzert und danach fast nur noch respektables Mittelmaß: das „Orchestre Philharmonique“ und Solist Nicholas Angelich konnten das Niveau, auf dem sie in der Luxemburger Philharmonie begonnen hatten, nicht halten.

Welch ein verheißungsvoller Beginn!
Das erste Horn intoniert das Motto zum zweiten Brahms-Klavierkonzert mit wunderbar weitem, ruhigem Atem. Und Nicholas Angelich setzt seine erste Akkordfolge mit größtem Bedacht aus der Bassregion heraus bis hin zum feinen, zarten Oberstimmen-Klang.
Der amerikanische Pianist bringt alles mit für die überzeugende Brahms-Interpretation: einen markanten, nuancenreichen Anschlag, virtuose Energie und unsentimentale Ausdruckskraft. Ein eindrucksvoller erster Satz, und zugleich der Höhepunkt im Sinfoniekonzert des Luxemburger „Orchestre Philharmonique“ (OPL) in der Philharmonie. Denn auch das Orchester und ihr Chef Emmanuel Krivine hatten einen überzeugenden Brahms-Stil erarbeitet: wuchtig, aber nicht klobig, streng, aber nicht spröde, und mit herbem Pathos. Vor allem: Solist und Dirigent finden den roten Faden, der Solist und Orchester zur sinfonischen Einheit verbindet.

Und dann der jähe Absturz.
Anglich setzt im Scherzo überhastet ein, das Tempo muss sich erst einpendeln, und die Kraft und Entschiedenheit dieser Musik sind dahin. Solist und OPL bewegen sich nach dem grandiosen Start nur noch im respektablen Mittelmaß – nicht wirklich schlecht, aber ohne begeisternde Fülle und Tiefe. Noch einmal klingt im langsamen Satz etwas vom Außerordentlichen an – in der lyrischen Intensität der Kantilenen von Solo-Cello und Klavier und in jenem bewegenden Moment, in dem die Zeit stillzustehen scheint, bevor das Solo-Cello sein Thema wieder aufnimmt.
Das Finale indes gerät dann allzu sacht und leger und ohne die funkelnde Brillanz der Brahmsschen Erfindung.

Auch der zweite Teil des Konzerts erreichte nicht mehr das Niveau des Beginns.
Emmanuel Krivine versuchte das thematische Kleinklein im Kopfsatz von Tschaikowskys Zweiter durch schwungvolle Emphase auszugleichen. Das führte zu einem eher zerfahrenen Resultat mit etlichen Unschärfen. Überzeugend gelangen der zweite Satz, in dem der Marschrhythmus mitklang, ohne zu dominieren, und das Scherzo, in dem das Orchester mit leichtfüßiger Brillanz bestach.

Dass das Finale einigermaßen lärmend endet, ist wohl nicht zu vermeiden.Vielleicht wäre ein reines Brahms-Konzert mit der 4. Sinfonie zum Abschluss die bessere Programmidee gewesen.

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