Perfekte Werktreue

Trier. Traditionell beendet der Trierer Domorganist die Konzertserie der internationalen Orgeltage im Trierer Dom. So auch in diesem Jahr, als Josef Still die vielfältigen Klangmöglichkeiten seiner Domorgel präsentierte.

Gleich drei Komponisten, derer die Musikwelt dieses Jahr besonders gedenkt, hatte Domorganist Josef Still in sein Programm zum Ende der Orgeltage im Trierer Dom aufgenommen. Allen voran war da natürlich Wolfgang Amadeus Mozart, dessen 250. Geburtstag die ganze Welt feiert. Daneben aber erinnerte er auch am Robert Schumann, dessen Todestag sich am 29. Juli zum 150. Mal jährt und den französischen Organisten und Komponisten Jacques Boyvin, dessen Lebensweg am 30. Juni 1706 beendet war. Still setzte damit einen Schlusspunkt unter eine Konzertreihe, der man ihren Erfolg nicht absprechen kann. Trier ist, und daran hat Still einen beträchtlichen Anteil, eine attraktive Stadt der Orgelmusik, wie man sie in der Bundesrepublik selten findet. Sechs Mal hintereinander mindestens 200 Menschen für dieses Genre zu interessieren, gelingt bei weitem nicht überall. Die Basis hierzu findet sich zweifellos in Stills eigenem Spiel, das von stilistischer Werktreue und einem sehr hohen Maß an technischer Perfektion geprägt ist. Hinzu kommt natürlich, dass er wie kein anderer die klanglichen Möglichkeiten der großen Domorgel zu nutzen weiß. Einen Beleg dafür lieferte er mit Johann Sebastian Bachs Choralvorspiel "Komm, Heiliger Geist, Herre Gott!", BWV 652, einer sowohl für Organist wie Zuhörer sehr anspruchsvollen Pfingstkomposition, deren Farbigkeit er mit leuchtend streichenden Prinzipalklängen zu nutzen wusste. Deutlicher noch wurde der klangliche Reichtum des Instrumentes freilich in Boyvins "Suite du premier ton", in dem teilweise sehr delikate Registrierungen, die sonst häufig im großen Gesamtklang untergehen, zu Ehren kamen.Affinität zu Regers Orgelwerken

Mit Schumann und Mozart hatte Still zwei Komponisten aufgenommen, bei denen man die Bezeichnung "Orgelwerke" tatsächlich in Anführungsstriche setzen muss. Schumanns Kanon Nr. 1 in h-Moll gehört in die "Studien für den Pedalflügel", einem Klavier, das man Orgelgleich um eine Tastatur für die Füße erweitert hatte und sich in der Romantik großer Beliebtheit erfreute, Mozarts Fantasie in f-Moll, KV 608, ist eigentlich für eine Spieluhr konzipiert. Gerade die Tatsache, dass Mozart hier nicht auf die physischen Möglichkeiten des Interpreten Rücksicht nehmen musste, schließlich sollte die Fantasie ja von einem Automaten gespielt werden, macht das Werk in seiner Ausführung sehr anspruchsvoll. Still lies es zu einem lebhaften und geglückten Auftakt des Abends werden. Eine theologische Ausdeutung des Chorals "Straf mich nicht in deinem Zorn", verfasst als Opus 40/2 von Max Reger, bildete das furiose Finale. Schon häufig hat Still, ob in Konzerten oder in CD-Einspielungen, seine Affinität zu Regers Orgelwerken gezeigt. So war es nicht verwunderlich, dass auch diese Choralfantasie in ihm einen technisch wie musikalisch eloquenten Sachwalter fand. Es war ein beeindruckender Abend und ein gelungener Abschluss einer sehr erfolgreichen Konzertserie.

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